USA – für VW-Manager heikles Terrain

Fünf VW-Manager wurden von der US-Justiz weltweit zur Fahndung ausgeschrieben. Betreten sie amerikanischen Boden, müssen sie mit einer Festnahme rechnen.
Fünf VW-Manager wurden von der US-Justiz weltweit zur Fahndung ausgeschrieben. Betreten sie amerikanischen Boden, müssen sie mit einer Festnahme rechnen.(c) REUTERS (LUCY NICHOLSON)
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Eines sind US-Behörden nicht: milde. VW-Manager lehren sie jedenfalls gerade das Fürchten.

Wien. Party feiern in Florida steht für Heinz-Jakob Neußer in der nächsten Zeit nicht auf dem Programm. Die US-Justiz hat nämlich das ehemalige Vorstandsmitglied der Volkswagen AG und vier weitere VW-Manager über Interpol vorgestern Abend weltweit zur Fahndung ausschreiben lassen. Der Vorwurf gegen alle fünf: Verschwörung zum Betrug und Verstoß gegen US-Umweltvorschriften – also keine Bagatelldelikte. Vielmehr sieht die amerikanische Rechtsordnung dafür hohe Haftstrafen vor. Solange die fünf Manager, die teils als Vertraute des ehemaligen VW-Boss Martin Winterkorn gelten, in Deutschland verweilen, müssen sie um ihre Freiheit nicht bangen. Nach dem Grundgesetz darf Deutschland keinen seiner Staatsbürger an das Ausland ausliefern.

Im Ausland nirgends sicher

Für andere Staaten gilt das freilich nicht, weshalb für die Gesuchten jede Reise ins Ausland im Halbgesperre enden kann. Das musste auch der ehemalige Chef der UBS-Vermögensverwaltung Raoul Weil 2013 erfahren. Den Schweizer hatten die US-Behörden schon 2009 per internationalem Haftbefehl gesucht, weil er Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben soll. Auf amerikanischen Boden setzte Weil deshalb freilich keinen Fuß mehr. Einen Trip nach Bologna mit seiner Frau wollte er sich jedoch nicht nehmen lassen. Ein Fehler. In einem Nobelhotel nahmen ihn italienische Beamte prompt fest – und lieferten ihn zwei Monate später an die USA aus. Erst über ein Jahr später, im November 2014, sprach ihn ein Geschworenengericht von allen Anschuldigungen frei.

Mit der US-Justiz ist nicht zu spaßen, das hat sich längst herumgesprochen. So zog es VW-Boss Matthias Müller wohlweislich vor, im November 2015 nicht in die USA zu fahren, weil er sich nicht der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen wollte. Auch Oliver Schmidt hätte gut daran getan, Anfang des Jahres seinen Geburtstag statt in Florida lieber in seiner Heimat zu feiern. Den ehemaligen Manager der VW-Umwelt- und Entwicklungsabteilung hatten die US-Behörden schon lange ihn Verdacht, am Abgasskandal beteiligt gewesen zu sein. Und das wusste Schmidt genau, zumal er von den US-Ermittlern auch schon ausgiebig einvernommen worden war.

Festnahme vor der Heimreise

Die Idee, seinen Geburtstag ausgerechnet in Florida zu feiern, hielten seine Anwälte angesichts der Umstände deshalb für riskant. Sie warnten ihren Klienten ausdrücklich vor einer Einreise in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Nun, die Geburtstagsfete mögen Schmidt und seine Freunde noch genossen haben. Die Handschellen klickten nämlich erst tags darauf am Flughafen in Miami, kurz bevor Schmidt seine Heimreise nach Deutschland antreten wollte.

Am nächsten Tag wurde der 48-Jährige mit Fuß- und Handfesseln in brauner Gefängniskluft dem Haftrichter vorgeführt. Und der war selbst gegen eine Kaution von 1,6 Mio. Dollar nicht bereit, Schmidt bis zu Beginn des Prozesses – voraussichtlich Anfang 2018 – frei zu lassen. Auch Interventionen seitens der deutschen Regierung halfen da nichts. Dass ihm die Zeit, die er nun im US-Gefängnis zubringen wird, auf eine Haftstrafe von – im schlimmsten Fall – 169 Jahren, angerechnet wird, tröstet ihn da wohl kaum. Neußer und seine Kollegen wollten sich zu den jüngsten Maßnahmen der US-Justiz nicht äußern. Nur seine Anwältin meldete sich gestern unaufgeregt zu Wort: „Der Schritt der Behörde ist nicht überraschend“, sagte sie, „sondern eine erwartbare Konsequenz.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2017)

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