WhatsApp kann überwacht werden. Die ÖVP sieht Deutschland als Vorbild.
Berlin/Wien. „Durch unsere deutschen Nachbarn wird wieder einmal mehr deutlich, wir hinken dem technischen Fortschritt hinterher“, erklärte gestern Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Österreich müsse nun ebenfalls „im Anlassfall die Überwachung von verschlüsselten Messenger-Diensten wie WhatsApp und Co.“ ermöglichen. Und zwar vor der nächsten Wahl. So wie Deutschland. Der Bundestag in Berlin hatte am Donnerstagabend die Überwachung von Messenger-Diensten zur Verbrechensbekämpfung beschlossen. Begründet wird das sinngemäß damit, dass sich Kriminelle nicht mehr in Telefonaten oder via SMS verabreden – hier hat der Staat Zugriff – sondern über verschlüsselte Dienste.
Der Bundestrojaner
Das Gesetz ist in Deutschland umstritten. Die Opposition sieht einen massiven Eingriff in Bürgerrechte. Denn WhatsApp-Kommunikation kann nur mitgelesen werden, bevor sie abgeschickt und verschlüsselt wird. Dazu muss der Staat etwa ein Smartphone mit einem Bundestrojaner infiltrieren, also hacken. Sei die Schnüffelsoftware einmal im Einsatz, könne die Reichweite der Überwachung kaum kontrolliert werden, kritisierten Grüne und Linke.
Zweitens braucht es zur Installation des Trojaners meist Wissen um Sicherheitslücken, die dann aber nicht geschlossen würden. Sonst könnte der Staat nicht mitlesen. Umstritten ist zudem, dass der Bundestrojaner künftig bei zahlreichen Delikten, darunter auch gewerbsmäßige Hehlerei, zum Einsatz kommen kann – einen Richterbeschluss vorausgesetzt.
2008 beschränkte das Bundesverfassungsgericht die Online-Durchsuchung (Kopie von Festplatten etwa) auf internationalen Terrorismus. Auch diesmal werden wohl die Richter in Karlsruhe entscheiden. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2017)