Kommentar

Kampf um den Rechtsschutz nach dem Brexit

Der Vorschlag von Theresa May für den künftigen Status der EU-Bürger auf britischem Boden liest sich so lang beruhigend, bis man zur letzten Seite gelangt.

Der Vorschlag von Premierministerin Theresa May für den künftigen Status der rund drei Millionen EU-Bürger auf britischem Boden liest sich so lang beruhigend, bis man zur letzten Seite gelangt: „Der Gerichtshof der Europäischen Union wird im Vereinten Königreich keine Jurisdiktion haben.“ Schon bringen eifrige Brexiteers dieses Argument vor: Wieso sollte der EuGH im künftigen Drittstaat Großbritannien Recht setzen dürfen, wo er es weder in den USA oder Brasilien tut?

Dem lässt sich dreierlei entgegenhalten. Erstens waren weder die USA noch Brasilien jemals Mitglieder der EU. Großbritannien hingegen ist es seit 1973 und noch knapp zwei Jahre lang. Wer sich als Unionsbürger dort niederließ, tat das auch im Vertrauen auf all die Rechte, die ihm die Union verleiht. Diese sind nur etwas wert, weil sie in Luxemburg einklagbar sind. Zweitens gibt es sehr wohl nationale Gerichte, die für Drittstaaten zuständig sind. Gerade Briten sollten das wissen: Das Judicial Committee of the Privy Council, ein Berufungsgericht in London, ist für mehr als ein Dutzend Staaten – darunter Jamaika und Mauritius – das jeweilige Höchstgericht. Drittens mutet der Justizpatriotismus der Brexiteers seltsam an: Wo war ihr Aufschrei, als die „Daily Mail“ jene drei Höchstrichter als „Feinde des Volkes“ diffamierte, weil sie die Rolle des Parlaments bei der Einleitung des Brexit festhielten?

oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2017)

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