Nationalratswahl: Pilz liebäugelt mit eigener Liste

Peter Pilz.
Peter Pilz. (c) imago/CHROMORANGE (CHROMORANGE / Franz Perc)
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Nach seinem Scheitern bei den Grünen will Peter Pilz entscheiden, ob er seiner Partei Konkurrenz macht. Einzelne grüne Kollegen zeigen Sympathien.

Wien. Peter Pilz könnte der österreichischen Politik doch länger erhalten bleiben als zunächst gedacht – und den Grünen Konkurrenz machen: Nachdem er bei der internen Wahl um den vierten Platz auf der grünen Bundesliste scheiterte, kokettiert das 63-jährige grüne Urgestein mit der Idee, bei der Nationalratswahl im Herbst mit einer eigenen Liste anzutreten. Entsprechende Überlegungen bestätigte er gestern, Mittwoch. Er will sich aber bis Mitte Juli auf den Eurofighterausschuss konzentrieren und erst danach eine Entscheidung treffen.

Der als Aufdecker und mitunter auch interner Quertreiber bekannte Langzeitabgeordnete hatte beim grünen Bundeskongress am Sonntag hoch gepokert: Er pochte auf Platz vier – und unterlag Jugendsprecher Julian Schmid (28). Das Angebot eines hinteren Listenplatzes, um es per Vorzugsstimmenwahlkampf doch noch in den Nationalrat zu schaffen, schlug er aus, ebenso wie einen von der SPÖ vorgeschlagenen Parteiwechsel.

Für einen Alleingang mit einer eigenen Liste bräuchte Pilz noch zwei Unterschriften von Nationalratsabgeordneten. Einzelne grüne Parteikollegen, die wie er bei der Listenerstellung nicht zum Zug kamen, schließen eine Unterstützung zumindest nicht aus. „Theoretisch könnte ich mir viel vorstellen“, sagt Karl Öllinger, der nicht mehr antritt. Es sei noch nicht so weit. Die Überlegungen seines Parteikollegen seien aber angesichts des Zustands der Grünen begrüßenswert.

Zinggl, Rossmann überlegen

Der wie Pilz bei der grünen Listenerstellung gescheiterte Kultursprecher Wolfgang Zinggl sagt: „Dass ich gewisse Sympathien für Pilz habe, ist kein Geheimnis.“ Er wolle weiter seinen Beitrag leisten. Ob er mit Pilz antreten oder ihn unterstützen würde, ließ er noch offen. Auch von dem ebenso durchgefallenen Budgetsprecher Bruno Rossmann kommt jedenfalls kein Nein. Er will die Ereignisse und die Inhalte dieser möglichen Liste abwarten. „An sich stehe ich zu den Grünen und ihren Inhalten. Eine allfällige Teilnahme oder Unterschrift müsste gut überlegt sein. Da braucht es Nachdenkzeit“, sagt er zur „Presse“.

Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber, der ebenfalls kein Mandat mehr bekommt, will derzeit keinen Kommentar abgeben. Rechnungshofsprecherin Gabriela Moser, die nur Platz drei auf der oberösterreichischen Landesliste bekam, was einen Wiedereinzug ins Parlament unsicher macht, sagt dagegen klar nein zu Pilz. Sie würde ihm weder folgen noch seine Liste – die ihr außerdem nicht bekannt sei – unterstützen, sagt sie der „Presse“.

Die grüne Parteichefin Ingrid Felipe will eine mögliche Liste Pilz nicht kommentieren: Sie nehme zu „Gerüchten“ grundsätzlich keine Stellung. Auf Facebook machte sie aber ihrem Ärger über die Diskussion Luft. „Mir geht das ganz schön auf den Zeiger, wie jetzt auf den Grünen als ganze herumgehackt wird“, schreibt sie.

Sie hätte Pilz gerne für die Grünen im Parlament gehabt. Aber zuerst habe eine knappe Mehrheit der grünen Delegierten dagegen entschieden, „dass er seinen Wunschplatz bekommt“. Und dann habe sich Pilz gegen einen anderen Fixplatz und gegen einen Vorzugsstimmenwahlkampf entschieden. „Mir tun die beiden Entscheidungen leid, aber sie unterliegen meinem Lieblingsgrundwert bei den Grünen: der Selbstbestimmung.“

Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek will auch keinen Kommentar abgeben. In der aktuellen Ausgabe des „Falter“ hatte sich Pilz mit ihr noch solidarisch gezeigt: „Sie ist die beste Spitzenkandidatin, die wir haben“, sagte Pilz. „Ich bin ab jetzt Zuseher, gegen meinen Willen. Ich kann ihr nur dadurch helfen, dass ich ihr nicht vom Spielfeldrand reinkepple.“ Gefragt, wen er wählen werde, sagte er: „Natürlich die Ulrike.“ (APA/beba)

ZUR PERSON

Peter Pilz (63) ist der einzige, der von der Gründergeneration der Grünen noch im Parlament vertreten ist. Er sitzt seit 1986 für sie im Nationalrat. Von 1992 bis 1994 war Pilz grüner Bundessprecher. Er ist bekannt als Aufdecker – Stichwort Eurofighter –, hat aber auch immer wieder die Parteilinie konterkariert, etwa bei den Doppelstaatsbürgerschaften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2017)

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