Drogeriekette Bipa: Dem Profi ist sein Spiel entglitten

Das Bipa-Pink darf weiterstrahlen, sonst bleibt aber fast nichts beim Alten.
Das Bipa-Pink darf weiterstrahlen, sonst bleibt aber fast nichts beim Alten.(c) imago/Maria G�n�ler (imago stock&people)
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Heute bekommt man in der Drogerie Müsli, eine neue Frisur und ein Lebensgefühl. Der ehemalige Marktführer Bipa lernte das auf die harte Tour. Die Aufholjagd wird teuer.

Wien. Sind die Österreicher ein eitles Volk? Sieht man sich die Umsatzsprünge in der Drogerie- und Parfümeriebranche an, müsste die Antwort klar Ja lauten. In nur zehn Jahren kletterten die Erträge um 30 Prozent. 570 Euro gibt jeder Österreicher pro Jahr im Schnitt für Parfümerie- und Drogeriewaren aus. Auch heuer prognostiziert Regioplan ein nominelles Ertragsplus von 1,8 Prozent. Damit liegt man noch komfortabel über der Inflation und dem Gesamthandel – und weit besser als so manch andere kämpfende Branche.

Eben diese Wachstumsdynamik wurde dem ewigen Marktführer Bipa, 1980 von Billigparfümerie-Pionier Karl Wlaschek gegründet, aber zum Verhängnis. 2015 musste die heutige Rewe-Tochter die Führungsposition an DM abgeben. 2016 wechselte das Management in einem bunten Reigen mehrmals. Am Ende der Schockstarre war ein Umsatzrückgang von 4,46 Prozent zu beklagen, während DM mit einem Drittel weniger Filialen seinen Vorsprung ausbauen konnte und 2017 abermals ein achtprozentiges Umsatzplus erwartet.

„Zeitverzögert“ reagiert

Dem neuen Bipa-Chef, Erich Riegler, liegt Vergangenheitsbewältigung nicht. Was da schiefgelaufen ist, wollte er am Dienstagabend vor Journalisten nicht näher erläutern. Aber er gesteht Fehler ein: Man habe „zeitverzögert“ auf neue Trends, eine neue Situation und den wachsenden Preisdruck reagiert.

Fragt man Handelsexperten, lässt sich das Problem der pinken Kette konkretisieren. „Bipa ist zwischen die Stühle geraten“, sagt Andreas Kreutzer von Kreutzer Fischer & Partner. Auf der einen Seite war da DM. Der Mitbewerber mit deutschen Wurzeln hat laut Regioplan-Chefin Hania Bomba „alle Megatrends in der Bevölkerung aufgenommen“. So stockte er das Portfolio nach und nach um Natur- und Bioprodukte, Nahrungsmittel, hochwertige Kosmetik und Tierfutter auf, setzte auf Schmink- und Friseurstudios, Eigenmarken und geräumige Flächen. In den Mittelpunkt stellte man den nachhaltigen Menschen.

Bei Bipa war die Zielgruppe mit der pinken Signalfarbe, jungen Slogans, mehr Parfüms und Wäsche schärfer umrissen. Seit der stark expandierende Diskonter Müller auf den Plan trat, haben die angesprochenen jungen Frauen die Wahl. Wieso sollten sie zu Bipa gehen, wenn Müller dasselbe vielleicht günstiger bietet, sagt Kreutzer.

„Bipa wird erwachsen“, verkündigte das neue Führungstrio um Riegler am Dienstag. In einem Kraftakt werden dafür bis Ende Juli alle 613 österreichischen Filialen mit 2700 neuen Artikeln versehen. Parfüms und Wäsche müssen Nahrungsmitteln, Tierfutter und Kosmetik weichen. In bisher rund 70 Märkten geht man einen Schritt weiter: Dort sollen weiches Licht, niedrigere Regale, Holz, breite Gänge und neue Dienstleistungen wie Textilreinigung und Styling-Beratung für eine sympathische Atmosphäre sorgen und Zielgruppen ansprechen, die man bisher nicht so auf dem Radar hatte: Männer, Ältere, junge Familie und Gesundheitsbewusste. „Das sieht nach einer starken Annäherung an DM aus“, sagt Bomba.

Die Aufholjagd verlangt Bipa einiges ab. Für jede der 613 Filialen muss die Kette eine halbe Mio. bis eine Mio. Euro in die Hand nehmen. Außerdem ist ihr Handlungsspielraum im wahrsten Sinn begrenzt: „Es ist ein Unterschied, ob man durchschnittlich 400 Quadratmeter wie DM oder 270 Quadratmeter wie Bipa hat“, sagt Bomba. Die Flächen, auf denen der neue Marktführer gleichzeitig Reformhaus, Friseursalon und Lebensmittelhändler ist, müsste Bipa oft erst zukaufen. Kreutzer sieht die Annäherung generell skeptisch: „Ob das funktioniert, wenn beide auf derselben Position sind, ist die Frage.“

Neuer Druck aus dem Internet

Die Drogeriebranche, die mit mehr als 1000 Geschäften entgegen allgemeinen Trends flächenmäßig 2016 leicht wuchs, könnte noch aus anderer Richtung unter Druck geraten. Angetrieben von starken, oft ausländischen Marken stieg der noch einstellige Online-Anteil in den vergangenen zwölf Monaten um zehn Prozent. Der Trend dürfte sich fortsetzen. Jedenfalls hier ist Bipa vorbereitet. Die Kette ist seit 2011 im Internet vertreten. Mit dem Bipa-Onlineshop „verdienen wir fast schon Geld“, sagte Rewe-Chef Frank Hensel jüngst. Auch wenn es nicht so klingt, ist das ein Lob. Lebensmittelhändler wie Billa können davon noch lange nur träumen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2017)

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