Rechtschreibrat mag „Ketschup“ und „Majonäse“ nicht mehr

(c) Clemens Fabry
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Das offizielle Regelwerk für die deutsche Rechtschreibung wurde leicht modifiziert: Es lässt jetzt das „scharfe S“ in Großbuchstaben zu, erlaubt die Großschreibung des Adjektivs in Wendungen wie „viel Glück im Neuen Jahr“ und verzichtet auf ungebräuchliche Fremdwortschreibungen.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung mag „Majonäse“ und „Ketschup“ nicht mehr. Das geht aus einer Neufassung des „Amtlichen Regelwerks der deutschen Rechtschreibung“ hervor, die der Rat mit Sitz in Mannheim heute veröffentlicht hat. Neben Streichungen in der Liste von Fremdwortschreibungen wie den beiden erwähnten bringen die Neuerungen erstmals offiziell das „scharfe S“ in Großbuchstaben und erlaubt einzelne Wortschreibungen, die in der Praxis häufig vorkommen, aber bisher nicht dem Regelwerk entsprochen haben.

Die "gläserne Decke", aber der "Heilige Vater"

Das gilt zum Beispiel für die Großschreibung des Adjektivs „neu“ in der Wendung „Viel Glück im Neuen Jahr“. Hier haben die Schreibenden jetzt ebenso die Wahl wie in weiteren festen Verbindungen mit schwankendem Gebrauch, etwa „die goldene/Goldene Hochzeit“ oder „der technische/Technische Direktor“. Die neu formulierten Regeln für feste Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv sehen auch vor, dass bei wörtlichem oder bildhaftem Gebrauch wie in „der freie Mitarbeiter“ und „die gläserne Decke“ die Kleinschreibung der Regelfall ist. Bei besonderen Anredeformen wie der „Heilige Vater“ gilt hingegen die Großschreibung.

"Scharfes S" häufiger zugelassen, nicht zurückgedrängt

Die neuen Regeln lassen erstmals die Verwendung des Großbuchstabens „ẞ“ neben „SS“ zu, also z. B. Franz Josef STRAUß statt STRAUSS für den 1988 verstorbenen CSU-Politiker. Als ein ins Schriftbild passender Versalbuchstabe steht das ß zwar noch nicht in allen Schriften zur Verfügung; vor allem für die korrekte Schreibung von Eigennamen in Pässen und anderen Ausweisen ist es aber wichtig. Auf weitere Änderungen beim „scharfen S“ hat sich der Rechtschreibrat nicht eingelassen.

Hingegen hat er einzelne Eintragungen im Wörterverzeichnis geändert. Dazu hat der Rat den Schreibgebrauch erhoben und die Ergebnisse daraufhin geprüft, ob sie den geltenden Regeln der deutschen Rechtschreibung entsprechen. Von den Neuerungen betroffen ist vor allem die Fremdwortschreibung. Variantenschreibungen wie „Anschovis“, „Frotté“, „Komplice“, „Majonäse“, „Wandalismus“ oder „Ketschup“ sind aus dem Wörterverzeichnis gestrichen worden.

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Eindeutschung von Essbarem gescheitert

Gerade die Eindeutschung von Essbarem als zweite Möglichkeit neben der Ursprungssprache wie Ketschup/Ketchup und Majonäse/Mayonnaise zählte 2004 zu den umstrittensten Inhalten der damals neuen Rechtschreibung. In der Praxis hat sie sich aber sichtlich nicht durchgesetzt. Anders liegt der Fall „Spagetti“ neben italienisch „Spaghetti“. Hier taucht auch die deutsche Version häufig im Schreibgebrauch auf, vielleicht deshalb, weil das Wort seinen Platz auch außerhalb des kulinarischen Bereichs gefunden hat, etwa in der Mode (Spagettiträger). Im Wörterverzeichnis stehen jedenfalls nach wie vor beide Varianten.

Ebenfalls am Sprachgebrauch ausgerichtet ist die Zulassung neuer Bindestrichschreibungen wie „Ex-Regierungschef“ und „Co-Trainer“. In manchen Fällen hat der Rat erkennbare Tendenzen nicht aufgenommen: zum Beispiel die häufig zu beobachtende, aber falsche Schreibung „(sei) herzlich Willkommen“. Denn „willkommen“ ist in dieser Verwendung adjektivisch, wie der Rat heute in einer Presseaussendung erklärt. Die Großschreibung bleibe auf die substantivische Verwendung wie in „ein herzliches Willkommen“ beschränkt.

Den Schreibgebrauch beobachtet

Der Rat für deutsche Rechtschreibung, der aus Vertretern aller (teilweise) deutschsprachigen Länder zusammengesetzt ist, hat die Aufgabe, den Schreibgebrauch zu beobachten und Adaptierungen des Regelwerks vorzuschlagen, wo diese anhand der Praxis angemessen erscheinen. Die Änderungen im Regelwerk und im Wörterverzeichnis, die der Rat in seinem Bericht für die Periode 2011 bis 2016 vorgeschlagen hat, sind von den zuständigen staatlichen Stellen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Südtirol und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens bestätigt worden und damit ab sofort wirksam.

Der vorliegende dritte Bericht des Rats enthält eine vollständige Liste der geänderten Wortschreibungen. Er ist ebenso wie das aktualisierte amtliche Regelwerk auf der Website des Rats nachzulesen.

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