Höchstgericht hebt Entscheidung zu 3. Piste auf

(c) Clemens Fabry
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Das BVwG habe bei der Entscheidung vor allem den Klimaschutz und den Bodenverbrauch in einer verfassungswidrigen Weise in seine Interessensabwägung einbezogen, so der VfGH.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) gegen den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien aufgehoben. Er gab damit einer Beschwerde des Flughafens Wien und des Landes Niederösterreichs statt, die sich gegen das abschlägige Erkenntnis des BVwG gerichtet hat.

Das Bundesverwaltungsgericht habe bei der Entscheidung zur geplanten 3. Piste am Flughafen Wien-Schwechat vor allem den Klimaschutz und den Bodenverbrauch in einer verfassungswidrigen Weise in seine Interessensabwägung einbezogen, entschieden die Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichtshofes (VfGH). Die Rechtssache geht nun zurück an das BVwG, das eine neuerliche Entscheidung treffen muss. Das BVwG wird so rasch wie möglich die nächsten Schritte klären und setzen, sagte deren Sprecherin Dagmar Strobel-Langpaul am Donnerstag zur APA. Das Verfahren sei auf Basis der höchstgerichtlichen Entscheidung weiterzuführen, und das werde der BVwG auch tun.

Flughafen Wien-Chef Günther Ofner hat  die Aufhebung der Entscheidung naturgemäß begrüßt. "Ich glaube, dass ist ein guter Tag für den Wirtschaftsstandort aber auch für das Unternehmen Flughafen", sagte Ofner gegenüber Journalisten. Das Projekt 3. Piste habe damit eine neue Chance bekommen, so Ofner. Er hoffe, dass es vor dem BVwG zu einer zügigen Entscheidung kommen wird. Weitere Reaktionen aus Politik und Wirtschaft lesen Sie hier.

Flughafen Wien - Geplante dritte Piste
Flughafen Wien - Geplante dritte Piste(c) APA

"Rechtslage grob verkannt"

Das BVwG habe in der angefochtenen Entscheidung die Rechtslage in mehrfacher Hinsicht grob verkannt, so der VfGH. Dieses gehäufte Verkennen der Rechtslage belastet die Entscheidung mit Willkür, es verletze die Parteien im Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz.

Der Verfassungsgerichtshof sieht Fehler vor allem bei der Auslegung der Staatszielbestimmung des umfassenden Umweltschutzes durch das Bundesverwaltungsgericht. Es sei zwar verfassungsrechtlich geboten, den Umweltschutz bei der Abwägung von Interessen für und gegen die Genehmigung eines Projekts einzubeziehen. Aber: Die im Gesetz genannten "sonstigen öffentlichen Interessen", die bei der Abwägung gemäß Luftfahrtgesetz zu berücksichtigen sind, müssten aus dem Luftfahrtgesetz selbst ableitbar sein.

Und eine Erweiterung dieser Interessen findet durch die Staatszielbestimmung nicht statt - weder auf Klimaschutz noch auf Bodenverbrauch. Auch ist aus dem Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit kein absoluter Vorrang von Umweltschutzinteressen ableitbar.

Fehlerhafte Berechnung der Emissionen

Das Verwaltungsgericht habe zudem die mit dem Projekt verbundenen Kohlendioxid-Emissionen fehlerhaft berechnet. Laut Feststellung eines gerichtlichen beeideten Sachverständigen wären nur die Emissionen einzurechnen, die während Start und Landung erfolgen ("LTO-Emissionen" - Landing and Take Off). Der Senat des BVwG hingegen habe in seiner Prognose für das Jahr 2025 Emissionen berücksichtigt, die während des gesamten Fluges anfallen ("Cruise-Emissionen").

Dazu komme, dass sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Auswirkungen der Emissionen fälschlich auch auf Rechtsgrundlagen und internationale Abkommen wie das Kyoto-Protokoll beruft, die es in diesem Fall nicht hätte heranziehen dürfen. Auch das Klimaschutzziel in der niederösterreichischen Landesverfassung dürfe für die Auslegung des Luftfahrtgesetzes nicht herangezogen werden, weil dieses Ziel nur für den Wirkungsbereich des Landes anzuwenden sei, so der Verfassungsgerichtshof.

Das BVwG hatte am 2. Februar 2017 den Antrag der Flughafen Wien AG für die Errichtung und den Betrieb einer dritten Piste abgewiesen. Gegen diese Entscheidung erhob der Flughafen Beschwerde beim VfGH. Auch das Land Niederösterreich hat sich im Zusammenhang mit der im Zuge des Projekts nötigen Verlegung einer Landesstraße an den VfGH gewandt.

(APA/red.)

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