Sozialpartner einigen sich auf Mindestlohn

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Foglar/Leitl(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Der Mindestlohn für alle kommt, allerdings erst ab 2020. Bis dahin hätten ihn die meisten Branchen aufgrund der steigenden Inflation ohnehin automatisch bekommen. Keine Einigung erzielten die Sozialpartner bei der Flexiblisierung der Arbeitszeit.

Die Sozialpartner haben sich auf einen Mindestlohn von 1.500 Euro brutto für Alle bis zum Jahr 2020 geeinigt. Keine Einigung gab es bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Entsprechend enttäuscht zeigte sich Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl, der aber betonte, dass die Sozialpartnerschaft sehr gut funktioniere.

Er vermutet, dass innenpolitische Überlegungen im Zuge des Wahlkampfes für die Nationalratswahl eine Rolle spielten. "Wir waren sehr sehr nahe an einer Einigung", so Leitl Freitagvormittag vor Journalisten. Und er ergänzte: "Wir wollen keine Urlaubsregelung wie die Beamten. Und wir wollen keine Arbeitszeitverkürzung."

ÖGB-Präsident Erich Foglar betonte, wie schon Leitl neben ihm, dass die Sozialpartnerschaft sehr gut funktioniere. Beide spielten damit auf die Drohung der Bundesregierung an, wenn es keine Einigung bis heute gibt, eine gesetzliche Regelung zu finden - und damit die Sozialpartnerschaft zu umgehen. Aber klar sei, dass es keine Einigung bei der Arbeitszeitflexibilisierung gegeben habe. "Aber das bleibt auf der Agenda", so der ÖGB-Chef.

Für viele Branchen dürfte der Mindestlohn ab 2020 allerdings zu spät kommen. Denn im Zuge der steigenden Inflation wird der Bruttolohn in drei Jahren dann ohnehin die 1500-Euro-Marke übersteigen. Mehr Kaufkraft bedeutet das dann allerdings nicht.

Besch�ftigte unter 1.500 Euro Mindestlohn
Besch�ftigte unter 1.500 Euro Mindestlohn(c) APA

Leitl: "Pragmatische Lösung"

Der Mindestlohn soll nun auf Kollektivvertragsebene fixiert werden, über die Arbeitszeit soll weiter verhandelt werden. Zeitplan und Fristen dafür wurden keine vereinbart. Damit sei die Forderung der Bundesregierung nach einer Einigung beim Mindestlohn bis zum 30. Juni erfüllt worden, was die Regierung nun bei der Arbeitszeitflexibilisierung mache, müsse man schauen, so die Sozialpartner am Freitagvormittag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl sprach beim Mindestlohn von einer "pragmatischen" Lösung" durch die "Evaluierung" bis zum Jahr 2020. Damit werde gewährleistet, dass einzelne Branchen nicht überfordert werden. Außerdem sei sichergestellt, dass nicht der Gesetzgeber in den Mindestlohn eingreift, es liege ja ein Antrag auf 1.750 Euro Mindestlohn bereits im Parlament vor.

Dass die Arbeitnehmer nun 1.500 Euro Mindestlohn durchgesetzt haben, die Arbeitgeber aber keine Arbeitszeitflexibilisierung bekommen haben, wollte Leitl auf Nachfrage nicht als Niederlage sehen. "Das muss man sportlich sehen, man kann nicht alles gewinnen. Auch ein Unternehmen bekommt nicht jeden Auftrag, um den es sich bewirbt." Aber resignieren wolle er nicht. "Jetzt reizt es mich erst recht", so Leitl.

ÖGB-Chef Erich Foglar und AK-Präsident Rudi Kaske gaben sich naturgemäß mit dem Mindestlohn sehr zufrieden. Weniger Freude hatte Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes, der sich wünscht dass im Gegenzug die gesetzliche Regelung zur Nacht- und Schwerarbeit auf die Kollektivpartner übertragen wird und mehrere Landwirte einen Arbeitnehmer beschäftigen können.

(APA)

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