Die Sozialpartner haben sich beim Mindestlohn geeinigt, hingegen nicht bei der Flexiblisierung der Arbeitszeit. IV-Präsident Kapsch spricht von einer einseitigen Lösung beim Mindestlohn, die den Unternehmen teuer zu stehen kommen wird.
Dass sich die Sozialpartner zwar auf einen generellen Mindestlohn von 1.500 Euro brutto geeinigt haben, aber die Arbeitszeitflexibilisierung weiter auf die lange Bank geschoben wurde, macht Wirtschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) und der Industriellenvereinigung (IV) wenig Freude.
"Wir finden es sehr bedauerlich, weil beide Sozialpartner sich vorgenommen haben, die Themen unabhängig voneinander bis Ende Juni zu lösen", so der Minister. Er hat wenig Hoffnung dass es vor der Nationalratswahl am 15. Oktober doch noch Bewegung bei der Arbeitszeit gibt. "Tatsache ist, dass das Thema auf der Agenda einer nächsten Bundesregierung ganz oben stehen muss", so Mahrer.
Die FPÖ sieht die Sozialpartner bei Arbeitszeitflexibilisierung und dem Mindestlohn von 1.500 Euro brutto pro Monat gescheitert. "Jetzt haben Rot und Schwarz - wie angekündigt - rasch eine gesetzliche Lösung vorzulegen. Tun SPÖ und ÖVP das nicht, ist offensichtlich, dass sie an einer umfassenden und fairen Lösung gar nicht interessiert sind", so FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl.

Rückschlag für Export
IV-Chef Georg Kapsch sprach von einem "bedauerlichen Ergebnis". "Eine einseitige Einigung beim Mindestlohn, die heimische Unternehmen bis zu 900 Millionen Euro kostet, ist daher ohne eine zeitgemäße und faire Arbeitszeitregelung unverständlich", so Kapsch in einer Aussendung. Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (der größten Industriebranche Österreichs) reagierte verärgert: "Ich bin entsetzt. Diese sogenannte Einigung ist für mich das Ende der Sozialpartnerschaft, wie wir sie kennen."
Und auch beim Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) bleibt der Sekt im Kühlschrank. "Es ist unverständlich, dass trotz des Entgegenkommens beim Mindestlohn die Arbeitnehmervertreter zu keinen Zugeständnissen im Bereich Arbeitszeit und Arbeitsflexibilisierung bereit waren. Für österreichische Industrieunternehmen, die im globalen Wettbewerb tätig und stark exportorientiert sind, sind flexible Regelungen von Arbeitszeit ein essenzieller Standortfaktor", so Lothar Roitner, Geschäftsführer des FEEI.
"Verbesserung für 220.000 Menschen"
Nicht so streng geht der Wirtschaftsbund mit den Sozialpartnern ins Gericht. Die Einigung "zeigt Verantwortung der Unternehmer gegenüber Mitarbeitern", so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner. Aber auch er wünscht sich, dass nun weitere Schritte bei der Arbeitszeitflexibilisierung folgen.
Der Handelsverband freut sich zwar dass die 1.500 Euro Mindestlohn kommen und damit die Kaufkraft gesteigert werde, bedauerte aber ebenfalls die Nicht-Einigung bei der Arbeitszeitflexibilisierung.
Die Grünen wiederum finden die Sozialpartner-Einigung gar nicht so schlecht - wenn auch kein "großer Wurf" gelungen sei. "Es ist für 220.000 Menschen schon eine Verbesserung, dass ihre Löhne in den nächsten drei Jahren ein bisserl stärker steigen als erwartet. Aber dennoch bleibt das Ergebnis meilenweit von der Niedriglohnschwelle von ca. zehn Euro brutto in der Stunde entfernt", so Arbeitnehmersprecherin Birgit Schatz.
(APA)