Gespanntes Warten auf Obamas neue Strategie

Vor massiver Aufstockung der Schutztruppe ISAF.

Berlin/Paris/Rom (ag., e.m.). Die Bemühungen der USA, ihre Nato-Verbündeten zur Entsendung von 10.000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan zu bewegen, stoßen in Europa auf gemischtes Echo: Während sich Frankreich und Deutschland angesichts der Unpopularität des Einsatzes eher zurückhaltend zeigen, erklärte sich Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi am Donnerstag bereit, die Zahl der italienischen Soldaten aufzustocken.

Wie viele zusätzliche Soldaten Rom entsenden wird, soll bei einem nächste Woche in Brüssel geplanten Treffen zwischen US-Außenministerin Hillary Clinton und ihren Amtskollegen der am Hindukusch engagierten Länder bestimmt werden. Derzeit sind 3000 italienische Soldaten in Afghanistan stationiert.

Frankreich lehnt unterdessen eine Aufstockung seiner Truppen weiter ab. Die Position von Präsident Nicolas Sarkozy zu dieser Frage sei „äußerst klar“, sagte Verteidigungsminister Hervé Morin am Donnerstag bei einem Truppenbesuch auf Korsika. Er verwies darauf, dass Frankreich schon in den vergangenen beiden Jahren tausend Soldaten zusätzlich an den Hindukusch geschickt habe.

Für Deutschland hatte kürzlich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) auf seiner Afghanistan-Reise eine Aufstockung der in Kundus stationierten Bundeswehrtruppen um rund 120 Mann angekündigt. Die Verstärkung soll unter Beachtung der im aktuellen Bundestagsmandat beschlossenen Mandatsobergrenze von 4500 Soldaten erfolgen. Laut einem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“ wird im Verteidigungsministerium nun aber überlegt, die Truppenstärke auf bis zu 6500 Soldaten zu erhöhen. Weitere Details nannte das Blatt nicht. Nach der für Anfang 2010 geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz will die deutsche Regierung über ihr längerfristiges weiteres Vorgehen entscheiden.

US-Präsident Barack Obama wird am nächsten Dienstag seine neue Afghanistan-Strategie vorstellen. Die Vereinigten Staaten könnten rund 30.000 zusätzliche Soldaten in den Kampf gegen radikal-islamische Taliban in Afghanistan schicken, 10.000 sollen die Nato-Verbündeten stellen.

100.000 im Einsatz

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bemüht sich derzeit bei den europäischen Allianzmitgliedern um eine „angemessene“ Antwort auf die US-Anfrage. Am Donnerstag sprach er in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Außenminister Guido Westerwelle und Verteidigungsminister zu Guttenberg.

Derzeit befinden sich mehr als 100.000 ausländische Soldaten in Afghanistan, darunter 68.000 aus den USA. Allein in der von der Nato geführten Afghanistan-Schutztruppe ISAF stellen sie die Hälfte der rund 71.000 Soldaten. Deutschland ist mit maximal 4500 Soldaten der drittgrößte Truppensteller nach den USA und Großbritannien (9000).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Einsturz eines Blendwerks

Ex-Verteidigungsminister Jung hat sich und Deutschland einen schlechten Dienst erwiesen, als er den Afghanistan-Krieg „schönredete“.
General-Inspekteur Wolfgang Schneiderhan nahm den Hut
Außenpolitik

U-Ausschuss zu Afghanistan-Luftangriff

Ein Bundeswehr-Bericht über den umstrittenen Nato-Luftangriff in Afghanistan soll zurückgehalten worden sein. SPD, Grüne und Linke wollen einen parlamentarischen U-Ausschuss.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.