Housewarming in der Hofburg

Ab 16. August sind die Redoutensäle in der Wiener Hofburg der Arbeitsplatz von Nationalratspräsidentin Doris Bures.
Ab 16. August sind die Redoutensäle in der Wiener Hofburg der Arbeitsplatz von Nationalratspräsidentin Doris Bures.(c) Parlament
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Der Parlamentsumzug ist voll im Laufen, der Sitzungssaal ist fertig. Ab 16. August tagen die Abgeordneten in den Redoutensälen. Nationalratspräsidentin Doris Bures hofft im Übergangsdomizil auch auf ein Näherrücken der Fraktionen.

Die Regierungsbank und die Reihen der Abgeordneten aus Ahorn verleihen dem Redoutensaal in der Wiener Hofburg ein helles, freundliches Ambiente. Kein Vergleich zum düsteren Plenarsaal im Parlamentsgebäude am Ring. Das Pult für die Nationalratsabgeordneten steht noch nackt da – ohne Mikrofone. Aber genau das ist im Ausweichsitzungssaal während der Generalsanierung des historischen Theophil-Hansen-Baus der symbolträchtige Unterschied schlechthin. Das Rednerpult für die Volksvertreter teilt nun die beiden Hälften der Regierungsbank. Im alten Plenarsaal saßen Regierungsspitze und Minister den Mandataren erhöht regelrecht im Nacken.

Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) muss einmal schauen, wo sich ihr Präsidentenstuhl an der Stirnseite des Saals in der Höhe verstellen lässt. Das ist freilich eine Kleinigkeit verglichen damit, dass die die oberste Bauherrin stets im Auge haben muss(te), dass der generalstabsmäßig geplante Umzug von 620 Mitarbeitern und gut 800 Inventarteilen vom Haus am Ring über den Heldenplatz in die Hofburg im Zeitplan abläuft.


Für drei Jahre. Das Parlamentsgebäude habe auch schon „dunkle Zeiten“ erlebt, streicht die Nationalratspräsidentin hervor. Derzeit gebe es dennoch Einzigartiges in der mehr als 130-jährigen Historie des Hohen Hauses: „Was es noch nicht erlebt hat, ist, dass es verlassen wurde.“ Ab 16. August werden hier im Ausweichquartier, das 1992 bei einem Feuer zerstört worden ist, die Sitzungen stattfinden. Es steht auch schon fest, dass die konstituierende Sitzung des neugewählten Nationalrats am 9. November über die Bühne gehen wird. Drei Jahre lang werden Bures und die 182 weiteren Abgeordneten unter dem Deckengemälde von Josef Mikl in der Hofburg ihrer politischen Arbeit nachgehen.

„Es schwingt ein bisschen Wehmut mit“, gesteht Bures der „Presse am Sonntag“. Schließlich ziehe man aus dem historischen Parlamentsgebäude aus. Dabei versprühte speziell der Plenarsaal mit den längst abgewetzten, durchgesessenen Fauteuils den Charme der Fünfzigerjahre. An der Sitzordnung der Fraktionen wird sich im Übergangs-Plenum nichts ändern. „Es ist ein wichtiger historischer Moment“, befindet die oberste Parlamentarierin, die zur Fertigstellung und Besichtigung des Sitzungssaales im eleganten schwarzen Kostüm gekommen ist.

Alles ist gedrängter. „Wir werden räumlich ein bisschen zusammenrücken“, prophezeit die Präsidentin. Sie hofft, dass dies auch die Fraktionen und Abgeordnete näherbringt. 2020 wolle man dann in ein „modernes, saniertes Arbeitsparlament“ am bisherigen Platz am Ring zurückübersiedeln.

Für sie war am bedeutendsten im alten Hohen Haus die Ratifizierung von Österreichs EU-Betritt 1994 mit 141 Stimmen. „Die 141. war meine“, schildert Bures schmunzelnd. Damals war sie als junge SPÖ-Mandatarin gerade einmal vier Jahr im Nationalrat. Der zweite besonders berührende Augenblick ist erst ein paar Wochen her. Da haben Staat und Kirche die Verantwortung für die Opfer in Pflegeheimen übernommen und einstimmig eine Opferrente beschlossen. Bures: „Da habe ich Tränen in den Augen gehabt“. Am gestrigen 1. Juli ist die Auszahlung in Kraft getreten.


403 Millionen Euro. Im September 2014 folgte die frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführerin aus Wien-Liesing der verstorbenen Barbara Prammer. Von der Oberösterreicherin erbte sie die Verantwortung für das Sanierungsprojekt, das mit 352 Millionen Euro veranschlagt ist. Dazu kommen 51 Millionen für den Umzug, macht 403 Millionen Euro. Der Rechnungshof hat jedoch erst heuer vor einer Kostenexplosion auf 437 Millionen Euro gewarnt.

Am meisten Aufsehen haben bisher die beiden Pavillon-Klötze für Mitarbeiter auf dem Heldenplatz vor der Hofburg erregt. Im Bibliothekshof sind diskret die Büros der drei Präsidenten und der Parlamentsdirektion während der Zeit der Sanierung untergebracht.

Erst in der Vorwoche wurde publik, dass Arbeiten neu ausgeschrieben werden müssen. Mit umso mehr Nachdruck bekräftigt daher nun Alexis Wintoniak, der zuständige Vizedirektor des Parlaments, mit Blick in den lichtdurchfluteten Saal: „Wir liegen hier vollkommen im Zeitplan.“

Noch hängen Kabel aus der Decke des Balkons. Ein halbes Dutzend Stehleitern ist aufgestellt. Arbeiter schrauben Verkleidungen an. Die Übersiedlung selbst ist voll im Gang. An diesem Wochenende werden Kisten und Utensilien aus dem Parlamentsgebäude abtransportiert. Neun derartige Umzugs-Tranchen sind vorgesehen – damit ab 16. August alles startklar ist.

403

660

9. 11.

Zahlen

Die Kosten für die Sanierung sind mit 352 Millionen Euro veranschlagt, für den Umzug kommen 51 Millionen Euro dazu, macht 403 Millionen Euro. Der Rechnungshof hat allerdings bereits vor einer Kostenexplosion auf 437 Millionen Euro gewarnt.

Der Plenarsaal in den Redoutensälen der Wiener Hofburg bietet den Parlamentariern gut 660 Quadratmeter Platz. Aus derzeit sieben Sitzreihen im Hohen Haus werden im Ausweichquartier sechs Reihen. Dafür umfasst die erste Reihe in der Hofburg 15 statt bisher im Hohen Haus zwölf Plätze.

Die Konstituierungdes am 15. Oktober neugewählten Nationalrats ist für 9. November 2017 vorgesehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2017)

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