Ab Mitte 2019 soll Martin Kušej in Wien das größte Sprechtheater des Landes leiten. Man kann davon ausgehen, dass er nicht nur etwa Sicheres machen wird, sondern auch Riskantes.
Als Martin Kušej, nunmehr designierter Direktor des Burgtheaters, 1979 in Graz Lehramt zu studieren begann, konnte man die Stadt als Zentrum der Avantgarde empfinden. Der „steirische herbst“, das älteste Festival für neue Kunst in Europa, ging in die zwölfte Saison. Noch immer drängten sich in Graz Dichter, die in den Sechzigerjahren ausgezogen waren, die Literatur zu erobern. Wolfgang Bauer galt bereits als Klassiker des neuen wilden Volkstheaters, sogar der Prosaiker Gerhard Roth ließ Elegisches im Schauspielhaus uraufführen, und fast noch unbemerkt schrieb der genialische Werner Schwab seine ersten Texte.
Ein Hüne
Vielleicht hat dieses Reizklima dazu beigetragen, dass ein Kärntner Lehrerkind aus Ruden, ganz in der Nähe des Ortes Griffen, in dem eine Generation zuvor der Dichter Peter Handke aufgewachsen war, sich entschloss, das Studium zu wechseln. Dazu eine persönliche Erinnerung, die nach 35 Jahren vielleicht schon etwas verklärt ist, aber sie stimmt im Kern: Kušej, erzählte ein damaliger Zimmerkollege im Studentenheim, fragt um Rat: Er habe eben die Chance erhalten, Regie zu studieren. Solle er Deutsch und Sport aufgeben? Die Mutter meine halt, das Lehramt sei etwas Sicheres.