Deutschland: Urlaubsfahrt endete im Inferno

Ausgebranntes Wrack auf der A9 im Nordosten Bayerns. Spezialisten bei der Spurensuche.
Ausgebranntes Wrack auf der A9 im Nordosten Bayerns. Spezialisten bei der Spurensuche.(c) APA/dpa/Nicolas Armer
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Ein Busunglück auf der A9 in Oberfranken forderte vermutlich 18 Tote. 30 Passagiere konnten sich retten. Die Seniorengruppe aus Sachsen war nach Italien unterwegs.

Wien/München. Kurz nach Mitternacht war die Reisegruppe aus der Oberlausitz in Sachsen aufgebrochen, um schon am Abend am Gardasee die Urlaubsatmosphäre zu genießen. Kurz nach sieben Uhr früh endete die Urlaubsfahrt nach Italien jäh auf der A9 nördlich von Bayreuth in Oberfranken, als der Bus im Verkehrsstau auf einen Sattelschlepper prallte und sofort in Flammen aufging. Offiziell war die Unglücksursache vorerst noch ungeklärt.

Zehn Minuten später waren bereits die ersten Rettungskräfte an Ort und Stelle, für 18 Menschen der Seniorengruppe kam die Rettung allerdings zu spät. Sie verbrannten bei lebendigem Leib, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt und Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann, berichteten.

Der Schrecken über den schwersten Verkehrsunfall in Bayern stand den beiden CSU-Politikern ins Gesicht geschrieben, als sie am Unfallort eine improvisierte Pressekonferenz abhielten. Zur gleichen Zeit präsentierten im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin die Parteichefs von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, das Wahlprogramm der Union. Beide sprachen den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl und den Hunderten Rettungskräften ihren Dank aus.

Verkohlte Leichen

Die Einsatzkräfte waren zunächst zum Nichtstun verurteilt. Zu groß war die Hitze, die sie davon abhielt, sich ins Innere des Busses vorzukämpfen. Das Feuer sprang sogar auf das an die Autobahn angrenzende Waldstück über. Der hintere Teil des Lkw-Zugs, der mit Betten und Matratzen geladen war, brannte lichterloh. Von dem Reisebus blieb nach dem Inferno nur ein schwarzes Stahlgerippe übrig.

30 Insassen, darunter einer der beiden Chauffeure, schafften es, sich in Sicherheit zu bringen. Auch der Fahrer des Sattelschleppers kam glimpflich davon. Die Rettungsteams bargen schließlich 18 verkohlte, bis zur Unkenntlichkeit entstellte Leichen. Vorerst waren sie noch als vermisst gemeldet, um einen letzten Funken Hoffnung aufrechtzuerhalten. Doch im Laufe des Vormittags stellte sich bald tödliche Gewissheit ein. Zur Identifizierung müssen Spezialisten herangezogen werden. Zudem schwebten vorläufig auch noch zwei Businsassen in Lebensgefahr.

Die Situation sei für die Feuerwehrleute extrem hart gewesen, sagte Herrmann. Der Einsatz brachte viele der Nothelfer an die Grenze ihrer psychischen Belastbarkeit, ein Kriseninterventionsteam kümmerte sich um die Einsatzkräfte.

Der Unfallort gilt unter Deutschlands Autofahrern als berüchtigt. In der sogenannten Münchberger Senke in der Nähe der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze kam es 1990 bei dichtem Nebel zu einer Massenkarambolage, bei der zehn Menschen ums Leben kamen und 120 zum Teil schwer verletzt wurden. Der Unglücksort liegt annähernd auf halber Strecke zwischen Berlin und München, wo seit der Wiedervereinigung das Verkehrsaufkommen stark gestiegen ist. In den vergangenen Jahren hat vor allem der Busverkehr aufgrund der günstigen Fernbuslinien signifikant zugenommen.

Dobrindt und Herrmann prangerten das Verhalten der Autofahrer an. Einerseits habe das Freimachen einer Rettungsgasse zunächst nicht funktioniert, andererseits hätten „Gaffer“ auf der Gegenfahrbahn den Verkehr aufgehalten. Der Bus sei drei Jahre alt gewesen und erst im April überprüft worden. Auch der Chauffeur habe ein tadelloses Zeugnis, hieß es. Möglicherweise hat indessen Müdigkeit bei dem Unfall eine Rolle gespielt. Der Bus war um 0.30 Uhr in der Oberlausitz an der deutsch-polnischen Grenze losgefahren, im Laufe der Nacht legte er unter anderem in Dresden einen Stopp ein, um weitere Passagiere aufzunehmen. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren 48 Personen an Bord, 46 Passagiere und zwei Chauffeure. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2017)

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