Unesco berät über Wiens Weltkulturerbe

Eine Visualisierung des geplanten Projekts am Heumarkt (hinten)
Eine Visualisierung des geplanten Projekts am Heumarkt (hinten) Nightnurse
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Dem historischen Zentrum Wiens droht die Aufnahme in Liste der bedrohten Kulturgüter. Anlass ist das umstrittene Bauprojekt am Heumarkt.

Es wird ernst: Im polnischen Krakau findet derzeit (2. bis 12. Juli) die 41. Tagung des Welterbekomitees statt. Dort wird aller Voraussicht nach die Aufnahme des historischen Zentrum Wiens in die Liste der bedrohten Kulturgüter - der "World Heritage List in Danger" - beschlossen. Eine Entscheidung sollte am Mittwoch oder Donnerstag fallen, das Thema steht für Nachmittag auf der Tagesordnung des Treffens. Anlass dafür ist das umstrittene Bauprojekt am Heumarkt-Areal.

Neben dem Hotel Intercontinental - das ebenfalls neu gebaut wird - soll ein 66 Meter hoher Wohnturm errichtet werden, der das Innenstadtensemble nach Ansicht der Unesco maßgeblich beeinträchtigt. Gefährdet wird die Kernzone der Welterbestätte Wien auch durch "unzureichenden Planungsinstrumente", die das historische Zentrum langfristig schützen sollen, zitiert die Austria Presseagentur aus einer Stellungnahme.

Absichtserklärung reicht nicht

Die Ausschlusszonen für Hochhausbauten seien 2014 abgeschafft worden - ohne angemessene Ersatzkontrollinstrumente zu beschließen, wie die Unesco befindet. Auch der Masterplan Glacis sehe in der Kern- und Pufferzone der Welterbestätte Wien Zonen offensiver städtebaulicher Erneuerung vor. "Die von der Stadt Wien in letzter Minute beschlossene Absichtserklärung (Resolution), keine weiteren Hochhausbauten mehr zu planen, reicht nicht als langfristige, gesetzliches Grundlage, um glaubwürdig die Welterbestätte zu schützen", stellt man unmissverständlich klar.

Die Wiener Unesco-Generalsekretärin Gabriele Eschig versicherte einmal mehr: "Es geht der Unesco um die Kubatur des Bauvorhabens am Heumarkt inklusive Höhe des Turms, der in der Kernzone der Welterbestätte liegt. Grundsätzlich ist die Unesco nicht gegen Veränderungen im Welterbegebiet - sie will ja keine Musealisierung - es geht um eine langfristige, sensible, der Welterbestätte adäquate Stadtplanung, die durch offensive städtebauliche Entwicklung die Degradierung des historischen Ensembles verhindert."

Vorstufe zur möglichen Aberkennung

Die Aufnahme in die sogenannte Rote Liste ist eine Vorstufe zur möglichen Aberkennung des Prädikats "Weltkulturerbe". Dieses war der Innenstadt 2001 verliehen worden.

Die Rote Liste ist das Instrument der Unesco, "um die Staaten und die Welt aufmerksam zu machen, dass der außergewöhnliche universelle Wert einer Stätte für die Menschheit in Gefahr ist", betont man. Bis dato betreffe dies fast ausschließlich Stätten in Kriegsgebieten oder nach Naturkatastrophen. "Wien ist eine der ersten Stätten Mitteleuropas, die durch offensive städtebauliche Entwicklungen der letzten Jahre - Vertikalisierung und Verdichtung im historischen Zentrum - ihren außergewöhnlichen Wert zu verlieren droht", wird gewarnt. Erinnert wird zudem an Köln. Dieses hätte sich von 2005 bis 2006 auf der Roten Liste befunden. Deutschland habe jedoch reagiert und die Planung von Hochhäuser, die außerhalb des Welterbes geplant waren, zurückgezogen.

Neun Welterbe-Stätten in Österreich

Aktuell stehen auf der Welterbe-Liste laut Unesco 1052 Kultur- und Naturstätten in 165 Ländern - darunter neun in Österreich. 35 weitere sind heuer weltweit nominiert. Der Erhaltungszustand von 99 Stätten und 55 Stätten auf der Liste des gefährdeten Welterbes wird geprüft. Eine Aufnahme auf die Rote Liste droht unter anderem auch dem durch das Erdbeben von 2015 in Mitleidenschaft gezogene Tal von Kathmandu oder der Festung und den Shalamar-Gärten der pakistanischen Metropole Lahore - die bereits einmal dort zu finden waren und nun neuerlich als gefährdet eingestuft werden. Das Unesco-Welterbekomitee setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention zusammen.

APA

(APA)

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