"IS-Mord": Wie Sobotka Überwachung ausbauen will

Wolfgang Sobotka
Wolfgang SobotkaAPA/EXPA/MICHAEL GRUBER
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Der Innenminister pocht angesichts des Doppelmordes an einem Linzer Ehepaar erneut auf den Beschluss seines Sicherheitspakets. Seit Beginn der IS-Anschläge in Europa wurde schon einiges an Verschärfungen beschlossen.

Der angebliche IS-Bezug beim Doppelmord an einem Linzer Ehepaar hat die Forderung von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) nach dem Beschluss eines Sicherheitspakets befeuert. Konkret soll die Video-Überwachung ausgebaut werden und sollen auch Messenger-Dienste wie WhatsApp überwacht werden können.

Innen- und Justizministerium peilen ein zweiteiliges Paket an. Über eine Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes sollen die Erfassung von Autokennzeichen und der Einsatz auch privater Videokameras zur breitflächigen Überwachung des öffentlichen Raumes ermöglicht werden. Mit einer Änderung der Strafprozessordnung soll die Internettelefonie (also Skype, WhatsApp und Ähnliches) ebenso überwacht werden können wie herkömmliche Telefonate - bei bestehendem Verdacht und mit Genehmigung eines Richters. Hier hakt es bisher noch, da die SPÖ bezweifelt, dass die entsprechende Überwachung auch ohne "Bundestrojaner" funktionieren kann, der wiederum von den Sozialdemokraten vehement abgelehnt wird. Ebenfalls noch in Diskussion ist etwa eine Registrierungspflicht bei Wertkarten-Handys.

Verfassungsschützer haben bereits mehr Rechte

Seit Beginn der IS-Anschläge in Europa wurde schon einiges an Verschärfungen beschlossen. Die größte Reform war jene des Staatsschutzes, die Anfang des Vorjahres vom Nationalrat abgesegnet wurde. Sie gab den Verfassungsschützern bei der Gefahr extremistischer Taten mehr Rechte, schon im Vorfeld zu agieren und ermöglichte den Einsatz von (externen) Vertrauensleuten.

Bis dahin konnten die Staatsschützer erst überwachen, wenn eine Straftat bereits passiert war oder eine konkrete Gefahrensituation vorlag. Dies wurde insofern geändern, als das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismus, dessen Stellung innerhalb der Exekutive auch gestärkt wurde, schon bei einem "begründeten Gefahrenverdacht" entsprechende Maßnahmen einleiten kann.

Als verfassungsgefährdender Angriff, der entsprechende Überwachungsmaßnahmen nach sich ziehen kann, gelten können unter anderem terroristische Straftaten, der Zusammenschluss, die Ausbildung und die Anleitung dafür, Verhetzung, die zu Gewalt und Hass aufstachelt, oder die Bildung bewaffneter Verbindungen, wenn "ideologisch oder religiös motiviert".

Telekom-Technologien können ausgiebig genutzt werden: Verbindungsdaten, unter gewissen Umständen auch über Stammdaten, IP-Adressen oder Standortdaten. Die Speicherung der Ermittlungsdaten ist für fünf Jahre erlaubt (jene von Kontakt- und Begleitpersonen für drei Jahre), personenbezogene Daten sind aber zu löschen, wenn davon auszugehen ist, dass sie nichts mehr zur Ermittlung beitragen. Umgekehrt ist es gestattet, dass solche Daten bis zu sechs Jahre aufgehoben werden, wenn von den Betroffenen erneut Gefahr erwartet werden kann.

Auch das Sicherheitspolizeigesetz wurde schon im Zuge der Terrorbekämpfung novelliert. Die Polizei kann mittlerweile potenziellen Gefährdern, bei denen nicht ausgeschlossen wird, dass sie terroristische Angriffe starten, klar machen, wie gefährlich eine weitere Radikalisierung wäre. Zugleich sollen solche Menschen auf Deradikalisierungsprogramme hingewiesen werden. Dazu gibt es die Verpflichtung für "Radikalisierte", sich zu bestimmten Zeitpunkten bei Sicherheitsbehörden zu melden.

Zumindest als Vorbeugungsmaßnahme gegen Radikalisierung gilt ein Passus des heuer beschlossenen Integrationspakets. Über eine Änderung der Straßenverkehrsordnung wurden erstmals gesetzliche Grundlagen gegen Verteilaktionen zur Verbreitung radikalen Gedankenguts geschaffen.

(APA)

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