Vieles war auf Sand gebaut

Dubai. Hoch hinaus, tief hinunter: Im Emirat ist man nach der Gigantomanie der vergangenen Jahre auf dem harten Boden der Immobilienrealität gelandet. von Walter Senk und Astrid Müllner

Es gab so einige Verschiebungen, doch nun soll der Burj Dubai am 4. Jänner 2010 offiziell eröffnet werden – am Tag des vierten Amtsjubiläums des Herrschers von Dubai, des Scheichs Mohammed bin Raschid al-Maktoum. Technisch betrachtet ist der Turm definitiv eine Meisterleistung. Als man 2004 mit dem Bau der Fundamente begann, war noch nicht klar, ob sich der Beton tatsächlich auf die damals angepeilten 800 bis 1000 Meter Höhe hinaufpumpen ließe, ohne unterwegs zu erstarren. Mithilfe von Chemikalien und unglaublich hohem Druck schaffte man es auf 600 Meter. Für den Rest gab es nur eine Alternative: Fertigelemente aus Stahlbeton.

Wie hoch der Burj Dubai nun genau werden wird, soll bei der Eröffnung bekannt gegeben werden, gerechnet wird mit 818 Metern. Damit überragt er den Taipei 101 in Taiwan um rund 300 Meter. Und war bereits im Sommer 2008, rund 1,5 Jahre vor seiner Fertigstellung, das höchste Gebäude der Erde.

Weit überzogene Preise

Weiter unten ist man nach der Gigantomanie der vergangenen Jahre auf dem harten Boden der Realität angekommen. Der Burj Dubai sollte ursprünglich das Zentrum eines Stadtentwicklungsgebietes namens Downtown Dubai sein. Allerdings: Der Turm steht; die Stadt noch nicht. Das Emirat wurde von der Finanzkrise schwer getroffen und taumelte ob seiner weit überzogenen Preise in eine schwere Immobilienkrise. Und wie erst am vergangenen Donnerstag berichtet wurde, sieht es auch für die künstliche Inselwelt in Palmenform in Dubai schlecht aus. Die Regierung sorgte laut Reuters mit der Bitte um einen Zahlungsaufschub bei den Gläubigern der Bauherren des Megaprojekts, Dubai World und Nakheel, für neue Aufregung.

Die Zeiten waren schon einmal besser: Da wurden die Immobilien „off plan“ verkauft– Käufer der ersten Stunde behielten ihre Anteile nicht, sondern nutzten die große Nachfrage und verkauften weiter. Auf diese Weise wechselten Immobilien mehrfach den Besitzer und hatten ihren Wert schließlich vervielfacht– bevor sie überhaupt gebaut waren.

Marktkenner schätzen, dass in dieser Zeit rund 70 bis 80 Prozent aller Käufe von Spekulanten getätigt wurden. In den Jahren 2006 und 2007 stiegen die Preise um 100 Prozent, im ersten Quartal 2008 um 40, im zweiten und dritten um rund 20 Prozent. Und im vierten Quartal war dann Schluss. Doch nicht nur die Preise purzelten um rund 50 Prozent, an die 70 Prozent der Projekte wurden eingestellt.

Problemen am Bau

„Anfang 2009 brach die Bautätigkeit regelrecht ein. Selbst große, bekannte Firmen kämpften mit Problemen“, sagt Elke Tonscheidt, Mitgründerin des Softwarehauses conject AG, das sich unter anderem am Standort Dubai mit Immobilien-Lebenszyklus-Management befasst.

Die Situation in Dubai ist angespannt, war aber in den vergangenen Monaten schon auf leichtem Stabilisierungskurs. Nach Untersuchungen von Colliers International sind im dritten Quartal 2009 die Preise um sieben Prozent angestiegen. Dies schürte den Optimismus ein wenig, zudem man in der Vergabe von öffentlichen Projekten wie etwa Kraftwerken, Kläranlagen, Krankenhäusern, Schulen, Straßen oder Brücken eine Chance sah, die Krise zu überwinden.

Auch Jones Lang LaSalle sprach im „Dubai City Profile“ vom Oktober von einer besseren Stimmung, sowohl unter Investoren als auch Nutzern. Nach dem rasanten Sinken von Mieten und Preisen denke man nun, „dass das Schlimmste der Krise vorbei ist und die Märkte sich während des Jahres 2010 stabilisieren werden“, heißt es in dem Bericht. Ob diese vorsichtig optimistischen Prognosen nach den jüngsten Meldungen aus Dubai halten werden, bleibt abzuwarten.

Lernprozess im Gange

Auf alle Fälle komme es darauf an, aus Fehlern zu lernen, meint Tonscheidt, und das im Immobilienbereich zu beherzigen, was in anderen Ländern längst Business as usual ist: etwa striktes Kostencontrolling beim Development von Objekten, um gesund zu wachsen. Heute sieht man in Dubai viele brachliegende Baustellen, aber laut Tonscheidt wird an neuen Konzepten gefeilt, die sich vermehrt auch an den Prinzipien nachhaltiger Projektentwicklung orientieren. „Hier ist ein gewaltiger Lernprozess im Gange.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2009)

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