Hypo: Im Sumpf der „Bawag des Südens“

(c) APA (Barbara Kindl)
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Zahlreiche dubiose Geschäftsfälle aus der Vergangenheit der Kärntner Landesbank sind immer noch unaufgeklärt. Die österreichische Justiz interessiert sich für die Auswüchse des Systems Haider kaum.

wien.Während das Tauziehen um die Finanzierung der Hypo-Rettung weitergeht, wundern sich immer mehr Insider, wie ruhig es in diesem Fall, der durchaus zur „Bawag des Südens“ (mit Istrien als Kärntner Karibik) werden könnte, auf der Ebene der Justiz zugeht. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft zwar intensiv. Aber schwerpunktmäßig in München, wo der frühere Chef der BayernLB (für ihn gilt wie für alle anderen in diesem Artikel genannten Personen und Institutionen selbstverständlich die Unschuldsvermutung) wegen des weit überhöhten Kaufpreises für den 62-Prozent-Anteil an der Hypo Alpe Adria unter Untreueverdacht steht. Die zahllosen Ungereimtheiten in Österreich selbst interessieren die Behörden freilich weniger. Eine kleine Aufstellung:
•Schlosshotel Velden: Die Umbaukosten von 110 Mio. Euro gelten als bei Weitem überhöht (was möglicherweise auch die jährlichen Millionenverluste erklärt). Seit Jahren halten sich Gerüchte, beim Umbau seien 40 bis 50 Millionen „versickert“ oder „umgeleitet“ worden. Aufgeklärt ist die Sache bis heute nicht.
•Kempinski Savudrija: Die Hypo hat den Bau dieses Luxushotels an der istrischen Küste mit 70 Mio. Euro kreditiert – und sitzt jetzt auf dieser Summe, weil die Eigentümerfirma Skiper Residencija (hinter der über liechtensteinische Stiftungen der ehemalige kroatische General Zagorec, der unterdessen einsitzt, stecken soll) finanzielle Probleme hat. Auch beim Savudrija-Projekt soll es merkwürdige Geldflüsse geben. Bei Skiper Residencija sollen auch ehemalige Hypo-Manager mitgemischt haben. Aufgeklärt wurde bis heute nichts.

Die Kroatien-Geschäfte der früheren Landesbank sind überhaupt sehenswert: Ein gutes Dutzend enger Hypo-Geschäftspartner atmet in Kroatien schon „gesiebte Luft“, darunter auch Branimir Glavas, der „Pate von Osijek“, der sogar bei Jörg Haider in Klagenfurt auf Besuch war. Im Umfeld dieser „Geschäftspartner“ und ihrer Hypo-Deals spielten sich vermutlich so feine Dinge wie Geldwäscherei ab. Interessiert hat es bis heute kaum jemanden.
•Tilo Berlin: Der Haider-Freund und Kurzzeit-Hypo-Chef war beim Verkauf an Bayern kurzzeitig zwischengeschaltet. Er hatte dafür ein Konsortium (dem eine Reihe österreichischer Industrieller angehörten) aufgestellt. Die Gruppe verdiente mit ihrem Engagement in kurzer Zeit mehr als 150 Mio. Euro und gehört damit zu den ganz wenigen, die mit der Ex-Landesbank kein Geld verloren haben. Bis heute ist ungeklärt, ob es sich um ein besonders geschicktes Investment gehandelt hat – oder ob dabei auch ein bisschen „Umwegrentabilität“ politischer Freundschaften eine Rolle gespielt hat.
•Dietrich Birnbacher: Der Villacher Steuerberater wurde von seinen Klienten Jörg Haider und Josef Martinz (ÖVP-Kärnten-Chef) im Bayern-Deal mit diffusen „Beratungsleistungen“ betraut, für die er zwölf Mio. Euro erhalten sollte. Nach einem öffentlichen Aufschrei gab er, wie er zynisch sagte, sechs Mio. Euro „Patriotenrabatt“ und kassierte nur sechs Mio. Euro. Ob das in irgendeiner Relation zu den „Beratungsleistungen“ stand, ist bis heute ungeklärt, die Staatsanwaltschaft legte ein Verfahren gegen Birnbacher zurück.
•„Lamplhof“. Unter diesem Namen sollte in Maria Wörth ein Wellnessresort um 70 Mio. Euro aus dem Boden gestampft werden. Das Projekt ist so gut wie geplatzt und wird der Hypo Verluste bescheren. Auch deshalb, weil der Kaufpreis für das Grundstück (zehn Mio. Euro) als weit überhöht gilt. Der frühere Besitzer dieses Grundstücks hat den Vorwurf allerdings mehrfach zurückgewiesen. Er betreibt übrigens mit Partnern, darunter dem wegen Bilanzfälschung rechtskräftig verurteilten Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, ein Agrarunternehmen in Rumänien.
•Leasing. Bei Leasinggeschäften in Kroatien soll von dortigen Geschäftspartnern durch überhöhte Fakturierungen (z. B. Listenpreisfakturierung bei stark rabattierten Großeinkäufen) gutes Geld verdient worden sein. Die Vorwürfe (mit denen sich die „Presse“ natürlich nicht identifiziert) existieren seit Jahren, wirklich nachgegangen wurde ihnen bisher nicht. Die Leasing-Töchter durften bisher von der FMA übrigens nicht geprüft werden. Eine Prüfung könnte aber durchaus interessant sein.

Während der Hypo-Sumpf also vor sich hin blubbert, gehen die Wogen zwischen den potenziellen Zahlern (Bund, Land Bayern, Finanzministerium in Berlin) hoch. Als sicher gilt derzeit nur, dass die Hypo Alpe Adria nicht zerschlagen und auch nicht in die Insolvenz geschickt wird. Das würde zu hohe Verluste – sowohl in der bayerischen als auch in der österreichischen Staatskasse – nach sich ziehen. Übrigens: Kärnten ist das einzige Bundesland, in dem der Landesrechnungshof seine Berichte nicht (mehr) veröffentlichen darf. Auch ein interessantes Detail.

AUF EINEN BLICK

Die Hypo Alpe Adria war in der Vergangenheit in eine Reihe von dubiosen Geschäftsfällen verwickelt, die bisher nicht ausreichend aufgeklärt wurden. Wirkliches Interesse ist derzeit nur von der Staatsanwaltschaft München sichtbar – die Untreuevorwürfe gegen den Exchef der BayernLB in Zusammenhang mit dem Kauf der Hypo-Anteile untersucht. Unterdessen geht das Ringen zwischen der Republik Österreich, dem deutschen Bundesland Bayern und Kärnten darüber weiter, wer den Hauptteil der Hypo-Rettung wird bezahlen müssen. Bayern hat unterdessen auch die Regierung in Berlin eingeschaltet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2009)

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