Noch ein österreichischer Minister, der eine Fluchtroute schließen möchte: Hans Jörg Schelling hat Pläne vorgelegt, wie der Steuerflucht ein Riegel vorgeschoben werden kann.
Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) will internationale Steuerfluchtrouten schließen. In einem von Schelling am Montag an EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici übergebenen Kompendium sind u.a. Pläne für eine gemeinsame Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage, digitale Betriebsstätten, und beim Versandhandel eine Umsatzsteuer ab dem ersten Euro enthalten.
Bei den digitalen Betriebsstätten geht es um die Erfassung von Gewinnen und Umsätzen von Internetkonzernen, auch wenn diese keine physische Betriebsstätte in Österreich haben, aber eine Online-Präsenz aufweisen. Ein möglicher Anknüpfungspunkt könnten die erzielten Umsätze in Österreich sein. Österreich werde für eine solche digitale Betriebsstätte konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten und auf EU-Ebene und bei der OECD präsentieren. Österreich wolle hier internationaler Vorreiter sein und werde dies auch im Rahmen seiner EU-Präsidentschaft vorantreiben.
Außerdem wird geprüft, ob das Erbringen von Suchleistungen im Internet oder das Zurverfügungstellen von Social Media Plattformen tatsächlich "gratis" ist, oder der Konsument hier mit seinen Nutzerdaten "bezahlt". Im letzten Fall könnte aus umsatzsteuerlicher Sicht ein Leistungsaustausch vorliegen, der in Österreich zu besteuern wäre.
Bei den Doppelbesteuerungsabkommen will Österreich für eine einheitliche europäische Vorgehensweise eintreten. Durch ein gemeinsames EU-Musterabkommen könnte eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber Niedrigsteuerländern erreicht werden. Derzeit sehen die bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich die "Befreiungsmethode" vor, d.h. ein Staat verzichtet zur Gänze auf sein Besteuerungsrecht. Dadurch besteht ein Anreiz, Aktivitäten in Niedrigsteuerländer zu verlagern. Es sollte daher insbesondere bei Niedrigsteuerländern statt der Befreiungsmethode die "Anrechnungsmethode" vorgesehen werden. Österreich würde dabei seine Steuer weiter erheben, eine Doppelbesteuerung würde durch die Anrechnung der (niedrigeren) ausländischen Steuer auf die österreichische Steuer vermieden.
500 Millionen Euro gehen verloren
Ein wichtiges Zukunftsprojekt der EU sei die Schaffung einer gemeinsamen KÖSt-Bemessungsgrundlage (CCTB: common corporate tax base); Österreich unterstützt dieses Projekt. Durch eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen innerhalb der EU schaffen wir ein transparentes System, bei dem ein fairer Steuerwettbewerb transparent erfolgen kann.
Derzeit sind Einfuhren aus Drittländern mit einem Wert bis zu 22 Euro von der Einfuhr-Umsatzsteuer aus verwaltungsökonomischen Gründen befreit; für den Versandhandel in der EU gibt es keine entsprechende Regelung. Das der EU daraus entgehende Volumen an Einfuhr-Umsatzsteuer wird auf rund 500 Millionen Euro geschätzt. Es bestehe auch ein beträchtlicher Anreiz, durch falsche Wertangaben die Besteuerung bei Einfuhren aus Drittstaaten zu umgehen. Daher wird sich Österreich im Rahmen des "E-Commerce-Pakets" für eine Abschaffung der Befreiung engagieren, so dass künftig sämtliche Einfuhren aus Drittstaaten der Einfuhr-Umsatzsteuer unterliegen.
(APA)