Die Wiederkehr der Lady

Furiose Erinnerung an Ludwig, Nilsson, Zampieri in Wien.

Zu den faszinierenden Dingen, die ein funktionierendes Repertoiretheater seinem Publikum bieten kann, zählen die kulturhistorischen Querverbindungen und Vergleichschancen. So durfte man in Wien in der jüngeren Vergangenheit die beiden Versionen von Verdis „Don Carlos“-Vertonung parallel studieren. Und heuer bietet die Staatsoper die Möglichkeit, zwei höchst unterschiedliche musikalische Fassungen von Shakespeares „Macbeth“-Stoff einander gegenüberzustellen.

Nachdem Dmitri Schostakowitschs Lady Macbeth jüngst ihr Unwesen getrieben hat, kehrt nun am 7.Dezember Giuseppe Verdis ehrgeizige Primadonna zurück. Sie hat bisher kein leichtes Leben im Umfeld der häufig gastierenden Kolleginnen vom Format einer Violetta, Gilda oder Desdemona gehabt. Wenn sie erschien, dann aber stets mit furiosem Aplomb.

Nach 1945 hat das Wiener Publikum bis 1970 auf die erste „Macbeth“-Premiere warten müssen. Schostakowitschs geglättete Fassung seiner „Lady Macbeth von Mzensk“ („Katarina Ismailova“) hatte in der Zwischenzeit schon einmal kurz vorbeigeschaut! Die Verdi-Produktion von 1970 stand unter der szenischen Leitung von Otto Schenk und wurde musikalisch betreut von Karl Böhm, der damit seine letzte Verdi-Premiere im Haus am Ring dirigierte.

Sherill Milnes, damals viel diskutierter amerikanischer Bariton, stellte sich in der Titelpartie vor. Ihm zur Seite: Christa Ludwig, gewiss die Lady mit der schönsten Stimme, die Verdis ausdrückliche Anleitung zum „Hässlich-Singen“ auf durchaus belkanteskes Maß zurücknahm.

Der Ludwig folgte mit Birgit Nilsson die hochdramatische Verkörperung der Figur. Die Inszenierung, in der der griechische Bariton Kostas Paskalis als Titel(anti)held Triumphe feierte, stand nur bis 1973 auf dem Programm und wurde ein knappes Jahrzehnt später durch eine Neuinszenierung unter Giuseppe Sinopolis feuriger Leitung ersetzt.

In dieser Produktion triumphierte die messerscharf attackierende und mit dramatischer Urgewalt agierende Lady von Mara Zampieri endgültig über ihren Macbeth, dem Renato Bruson mit nobler Phrasierungskunst ungewöhnlich lyrische Facetten abtrotzte. sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2009)

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