Syrische Beobachtungsstelle: Tod von IS-Chef Baghdadi "bestätigt"

Ein Videostandbild von IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi aus einer Aufnahme im Jahr 2014.
Ein Videostandbild von IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi aus einer Aufnahme im Jahr 2014.APA/AFP/AL-FURQAN MEDIA/-
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Es gab mehrfach Berichte über den Tod des meistgesuchten Terroristen der Welt. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte spricht nun von einer "bestätigten Info".

Der Chef der radikalislamischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" wurde schon mehrfach totgesagt. Nun gibt es Hinweise darauf, dass Abu Bakr al-Baghdadi tatsächlich tot sein könnte. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte am Dienstag mit, hochrangige IS-Führer in der syrischen Provinz Deir Al-Zor hätten den Tod al-Baghdadis bestätigt. Es sei allerdings unklar, wann und wie Baghdadi gestorben sei. Das US-Außenministerium konnte die Information hingegen nicht bestätigen.

Es sei unklar, wann und wie Baghdadi gestorben sei, sagte der Leiter der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle. Die oppositionsnahe Organisation stützt sich auf ein Netz von Aktivisten und Informanten in Syrien. Ihre Angaben können in der Regel von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.

Ein Sprecher des US-Zentralkommandos in Tampa konnte die Meldung ebenfalls nicht bestätigen. "Wir haben keine operativen Berichte, die das bestätigen", erklärte er. Er verwies zudem darauf, dass ein Foto, auf das sich die Meldungen stützten, fünf Jahre alt sei.

Es bleiben Zweifel

Skeptisch zeigte sich auch die "New York Times"-Korrespondentin und IS-Expertin, Rukmimi Callimachi. Auf ihrem Twitter-Account argumentiert sie am Dienstag, dass es bisher kein IS-Statement zum Tod Baghadadis gegeben hätte. Auch würde ein IS-Sender, die Information als "Fake News" zurückweisen.

Allerdings hatte auch Moskau erst kürzlich den Tod des IS-Chefs verkündet. Das russische Verteidigungsministerium hatte am 22. Juni erklärt, es überprüfe Hinweise, dass Baghdadi bei einem russischen Luftangriff nahe der syrischen IS-Hochburg Raqqa ums Leben gekommen sei.

Demnach bombardierte die russische Luftwaffe am 28. Mai ein Treffen von Anführern der IS-Miliz südlich von Raqqa. Den russischen Angaben zufolge wurden bei dem Angriff auch 30 IS-Kommandanten sowie bis zu 300 Kämpfer getötet, die für die Sicherheit der Kommandanten sorgen sollten. Die US-geführte Koalition konnte die Angaben damals nicht bestätigen. Baghdadi war in der Vergangenheit schon mehrfach für tot erklärt worden.

Die Provinz Deir ez-Zor im Osten Syriens befindet sich derzeit noch größtenteils unter Kontrolle des IS. Baghdadi habe sich in den vergangenen Monaten in östlichen Bezirken der Provinz aufgehalten, sagte Abdel Rahman. Es sei aber unklar, ob der 46-Jährige dort oder an einem anderen Ort getötet worden sei.

Der Iraker hatte 2014 mit der IS-Miliz weite Teile des Iraks und Syriens erobert. Im Juli 2014 war Baghdadi im irakischen Mossul das einzige Mal öffentlich aufgetreten. Dabei rief er das "Kalifat" des IS in Teilen des Irak und im benachbarten Syrien aus und forderte Muslime auf, seinen Anweisungen Folge zu leisten.

Selten in der Öffentlichkeit

Experten beschreiben al-Baghdadi wie ein Phantom. Er gilt als "unsichtbarer Scheich", der sein "Kalifat" stets aus dem Verborgenen regierte. Schon mehrfach gab es Berichte über den Tod des meistgesuchten Terroristen der Welt, auf dessen Kopf die USA eine Millionen-Belohnung ausgesetzt haben.

Der Tod ihres Anführers würde einen schweren Schlag für die Terrormiliz IS bedeuten. Für Kremlchef Putin wäre die Nachricht ein wichtiger Erfolg, der seinen milliardenteuren Militäreinsatz auf der Seite der syrischen Regierung als Kampf gegen den Terrorismus rechtfertigen würde. Auch bei der Präsidentenwahl 2018 käme dies sicher gut an, bei der mit einer Kandidatur Putins gerechnet wird.

Al-Baghdadi sah sich in der Nachfolge des Propheten Mohammed und beanspruchte als "Kalif", Führer der ganzen islamischen Gemeinschaft zu sein. Das Kalifat bezeichnet das Herrschaftsgebiet des Kalifen. Der IS hat weite Teile in Syrien und im Irak unter seine Kontrolle gebracht, doch wird er von Regierungstruppen und einer US-geführten Koalition bekämpft und hat weitläufige Gebiete wieder verloren.

Die irakische Regierung gab am Montag die vollständige Rückeroberung Mossuls aus den Händen des IS bekannt. "Ich verkünde heute der ganze Welt, dass der legendenumwobene terroristische Staat gescheitert und zusammengebrochen ist", sagte Regierungschef Haider al-Abadi. Allerdings kontrolliert der IS noch weitere Gebiete im Irak.

(APA/dpa)

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