Swift: USA erhalten europäische Bankdaten

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SWIFT(c) EPA (Jacques Collet)
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Die Innenminister machen den Weg frei für ein Abkommen, das Zugriffe auf Überweisungsdaten ermöglicht. Letztlich beugten sich Thomas de Maizière (CDU) und Maria Fekter (ÖVP) dem Druck der Regierung in Washington.

BRÜSSEL. Angekündigte Revolutionen finden nur selten statt: Am Montag ermöglichten Deutschland und Österreich in Brüssel durch ihre Stimmenthaltung im Rat der Innenminister, dass die Union mit den USA ein Abkommen über die Herausgabe von Banküberweisungsdaten zwecks Bekämpfung von Terrorismus schließen kann.

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Swift steht für "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication" und betreibt ein Rechnernetz, mit der internationale Überweisungen durchgeführt werden. Involvierte Konten werden über den "Swift-Code" (auch: BIC-Code) identifiziert.

Berlin und Wien führten bis vergangene Woche jene Gruppe von EU-Staaten an, die ein solche Abkommen vorerst nicht schließen wollten, weil ihnen erstens der Schutz der Bankdaten von betroffenen Europäern nicht stark genug erschien und sie zweitens einen gröberen Streit mit dem Europaparlament vermeiden wollten.

Das Parlament erhält nämlich durch den Lissabon-Vertrag das Vetorecht in vielen Fragen des Inneren, zum Beispiel des Datenschutzes und der Grundrechte. Der Vertrag tritt am Dienstag in Kraft. Einen Tag davor ein derart heikles Abkommen mit den USA zu schließen, wirft kein vorteilhaftes Licht auf die Wertschätzung, welche die Regierungen der einzigen vom Volk gewählten EU-Institution entgegenbringen.

Weitergabe an Dritte möglich

Letztlich beugten sich Thomas de Maizière (CDU) und Maria Fekter (ÖVP) aber dem starken Druck der Regierung in Washington. Der Beschluss der Innenminister, den sie durch ihre Enthaltungen ermöglicht haben und der nun Grundlage für das Abkommen wird, sieht jedoch zwei Verbesserungen für seine Gegner vor.

Erstens soll es den US-Behörden ab dessen Inkrafttreten am 1. Februar 2010 nur neun statt zwölf Monate lang möglich sein, auf die Überweisungsdaten des belgischen Unternehmens Swift zuzugreifen. Swift wickelt täglich 15 Millionen Überweisungen zwischen mehr als 8300 Banken ab.

Zweitens könnten US-Behörden wie das FBI nicht auf rein innereuropäische Überweisungen zugreifen, sagte de Maizière am Montag bei einer Pressekonferenz. Im Text des Abkommens, den der Rat veröffentlichte findet sich diese Einschränkung allerdings nicht.

Auch der Ausschluss der Weitergabe der Daten von den US-Behörden an Drittstaaten lässt sich dem Wortlaut des Abkommens nicht entnehmen. Im Gegenteil: Das US-Finanzministerium darf laut Vertragstext Hinweise, die in Richtung Terrorismus führen und die es durch das „Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus“ (TFTP) aus Swift-Daten gewonnen hat, an Drittstaaten zur Bekämpfung von Terrorismus und dessen Finanzierung weitergeben.

Innenministerin Fekter meinte, es handle sich zwar um die „zweitbeste Lösung“, aber ein „unbefriedigender Rechtsschutz“ sei „besser als gar keiner“. Auf die Frage, wieso sie nicht allein durch ihre Gegenstimme im Rat den vorzeitigen Abschluss des Abkommen verhindern wollte, sagte die Innenministerin: „Ich wäre auf allen Titelseiten in allen europäischen Medien gewesen. Das Europaparlament hätte mir die Füße geküsst. Aber ich habe hier auch eine staatspolitische Aufgabe zu erfüllen.“

Fekter kritisiert Kommission

Zugleich machte sie die Europäische Kommission für die „unschöne Optik“ verantwortlich, also dafür, dass das Parlament nicht eingebunden wurde. Die Kommission habe „das Europaparlament vor den Kopf gestoßen, und das kann man nicht wirklich goutieren“. Allerdings ist nicht die Kommission für die Führung der Verhandlungen zuständig, sondern der Ratsvorsitz. Das Mandat dazu hat er im Juli dieses Jahres einstimmig von allen 27 Regierungen erhalten – also auch von Österreich.

Zu Jahresbeginn wird die Kommission einen Vorschlag für ein dauerhaftes Abkommen machen – und dem muss auch das Parlament zustimmen.

AUF EINEN BLICK

Am Montag beschlossen die EU-Innenminister, ein Abkommen mit den USA über den behördlichen Zugriff auf Banküberweisungsdaten zu schließen. Es gilt für neun Monate. Auch Österreich gab seinen langen Widerstand auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2009)

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