H1N1: Grippespitze zu Weihnachten

(c) Reuters (Jessica Rinaldi)
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Wiens Spitäler rüsten für den Höhepunkt der Grippewelle, der rund um den Jahreswechsel erwartet wird. Kinderambulanzen sind schon jetzt an der Belastungsgrenze.

WIEN. Weihnachtsferien im Krankenbett? Geht es nach den Prognosen der Experten, könnte das so manchem blühen: Anfang bis Mitte Jänner könnte die aktuelle H1N1-Grippewelle ihren Höhepunkt erreichen.

Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) rüstet sich deshalb schon jetzt für verstärkten Andrang rund um Weihnachten – vor allem in den Kinderambulanzen. Dort gebe es schon jetzt „zum Teil sehr hohe Belastungen“, erklärt KAV-Generaldirektor Wilhelm Marhold. Die Situation habe sich zuletzt zwar entspannt, befinde sich aber noch immer auf einem hohen Niveau. Und: Zu den Weihnachtsfeiertagen und in Schulferien würden Ambulanzen an sich schon stark frequentiert, auch ohne H1N1.

Weshalb man sich zu Vorkehrungen entschlossen habe: „Wir nehmen Turnusärzte, die wir sonst mit 1.Jänner beziehungsweise 1.Februar aufgenommen hätten, schon mit 14.Dezember auf.“ Insgesamt zwischen 40 und 50 neue Ärzte würden daher sofort entsprechend eingeschult, um bei den Vorarbeiten in den Ambulanzen helfen zu können.

Ungewöhnlich hohe Zahlen an Kindern und verunsicherten Eltern drängen sich derzeit auch in der Ambulanz des St.Anna Kinderspitals. Im Schnitt zählte man dort im November 185 Notfälle pro Tag. Zum Vergleich: Im stärksten Grippemonat des Vorjahres, dem Dezember, waren es durchschnittlich 155. „Wir haben bereits sämtliche personellen Reserven mobilisiert“, sagt Gustav Fischmeister, Leiter der Ambulanz. „Aber wir wissen nicht, wie lange wir das noch durchhalten können, ohne dass sich die Wartezeiten stark verlängern.“

„Ambulanzbesuch berechtigt“

Gleichzeitig widerspricht er der Aussage eines Gesundheitsexpertens, dass ein Großteil der Kinder gesund die Ambulanzen verstopfen würde. „Etwa 70 Prozent der Kinder hier haben Grippe.“ Und: „Jeder, der kommt, hat seine Berechtigung. Am schlimmsten wäre, jemand kommt nicht, und es passiert doch etwas. Es ist unsere Aufgabe, die wenigen heiklen Fälle herauszufiltern.“ Bis jetzt habe es aber keinen einzigen lebensbedrohenden Fall gegeben. Ein geschätztes Viertel der behandelten Kinder habe Sekundärinfektionen wie Lungenentzündungen oder eitrige Mittelohrentzündungen – einen Unterschied zur saisonalen Grippe kann er in dieser Hinsicht nicht erkennen.

„Wie eine normale Welle“

Auch in der Zahl der Erkrankten zeigt sich kein Unterschied zur saisonalen Grippe. Laut Hochrechnung waren vor einer Woche 30.000 bis 45.000 Menschen an der Neuen Grippe erkrankt, 15.800 in Wien (die aktuelle Zahl wird heute errechnet). „Diese Zahlen entsprechen dem Beginn einer normalen Grippewelle“, erklärt Ursula Karnthaler von der Landessanitätsdirektion Wien. Errechnet werden die Zahlen auf Basis der Meldungen ausgewählter „Grippeärzte“, die ihre Patienten testen.

Der Ansturm auf die Impfung hält sich wie schon in den letzten Tagen in Grenzen. Obwohl seit gestern Patienten zur zweiten Impfung aufgerufen sind (mindestens drei Wochen nach der ersten Injektion), blieb es in den Impfstellen ruhig, hieß es bei der MA15 (Gesundheitsdienst).

Dafür gibt es hier, wie auch bei Gesundheitsministerium und GKK, zunehmend Anfragen von Betrieben, die im Unternehmen Impfaktionen durchführen wollen. Derzeit sei das Ministerium dabei, eine Richtlinie zu erarbeiten, heißt es bei der Wiener GKK. Festgelegt wurde bisher, dass Firmen ab 9. Dezember Impfstoff bestellen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2009)

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