Wann haftet ein Geschäftsführer für Mitarbeiter?

Justizpalast Wien
Justizpalast Wien(c) Clemens Fabry
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Laut OGH geht die Haftung weiter als bisher angenommen.

Wien. Geschäftsführer einer GmbH zu sein, kann riskant sein – das hat sich in den Unternehmen schon weitgehend herumgesprochen. Wie weit die Haftung geht, ist vielen aber immer noch nicht bewusst. Vor allem, in welchem Ausmaß sie auch für ein Verschulden der GmbH-Mitarbeiter zur Verantwortung gezogen werden können.

Der OGH habe dazu eine wichtige Klarstellung getroffen, sagt Philipp Gamauf, Gesellschaftsrechtsexperte in der Anwaltskanzlei BKP. Zwar bestätigt der OGH, dass auch ein GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich nur für sein eigenes Verschulden haftet. Seine Verantwortung für die Auswahl geeigneter Mitarbeiter, und ebenso für ihre Überwachung, geht aber weiter als bisher angenommen (6Ob 84/16 w).

Laut dieser Entscheidung trifft den Geschäftsführer nämlich dann eine Haftung, wenn er seine Organisations- und/oder Überwachungspflicht hinsichtlich dieses Mitarbeiters schuldhaft verletzt – „demnach also zumindest leicht fahrlässig handelt“, so Gamauf. In der Lehre wurde bisher zum Teil die Ansicht vertreten, es müsse schon ein „eklatantes“ Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorliegen – also mehr als bloß leichte Fahrlässigkeit. Darauf sollten sich GmbH-Chefs künftig lieber nicht mehr verlassen: „Ein leichter Sorgfaltsverstoß reichte laut der aktuellen Entscheidung aus“, so Gamauf.

Anleiten und kontrollieren

Was muss ein Geschäftsführer also tun, um dieses Risiko zu vermeiden? „Die Personalauswahl entsprechend gestalten. Und die Mitarbeiter anleiten und kontrollieren“, sagt der Jurist. In größeren Unternehmen kann es zudem geboten sein, Kontrollinstanzen einzurichten, etwa eine Revisionsabteilung. Aber auch das entbindet den Geschäftsführer nicht von seiner Verantwortung – er muss dann wiederum darauf achten, dass diese Stellen ihre Aufgaben entsprechend erfüllen. Welcher Sorgfaltsmaßstab jeweils einzuhalten sei, hänge vom Einzelfall ab, „von den Fähigkeiten und Kenntnissen, die von einem Geschäftsführer in dem betreffenden Geschäftszweig, und je nach Größe des Unternehmens, üblicherweise erwartet werden können“.

Eine unmittelbare „Erfüllungs- oder Besorgungsgehilfenhaftung“ für die Mitarbeiter trifft den Geschäftsführer allerdings nicht – das heißt, er muss sich ein Fehlverhalten eines Mitarbeiters grundsätzlich nicht zurechnen lassen. Diese Zurechnung gilt nur für die Gesellschaft, bei der die Arbeitnehmer ja üblicherweise auch angestellt sind. Dessen ungeachtet ist nun aber klar, dass Geschäftsführer dennoch in weitaus mehr Fällen als bisher gedacht für Fehler der Mitarbeiter den Kopf hinhalten müssen.

Haftung als „Nebentäter“

Zwar haften sie grundsätzlich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur der Gesellschaft gegenüber. Was aber bedeutet, dass diese sich beim Geschäftsführer regressieren kann, wenn ihr ein Schaden entstanden ist. In einem solchen Schadenersatzprozess könne sich der Geschäftsführer dann auch nicht auf ein Verschulden nachgeordneter Mitarbeiter als anspruchminderndes Mitverschulden der Gesellschaft berufen, warnt der Jurist. „Vielmehr haftet der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft als sogenannter Nebentäter solidarisch mit dem Mitarbeiter, der schuldhaft gehandelt hat.“

Zwar kann er sich eventuell seinerseits an dem Mitarbeiter regressieren – oft ist das aber graue Theorie: Laut Dienstnehmerhaftpflichtgesetz wird die Haftung eines Arbeitnehmers in vielen Fällen gemäßigt oder entfällt gänzlich. Fazit: „Geschäftsführer einer GmbH sind jetzt noch mehr dazu angehalten, ein wirksames internes Kontrollsystem hinsichtlich der ihnen unterstellten Mitarbeiter zu schaffen“, sagt Gamauf. „Nur so können sie ihre Organisations- bzw. Überwachungspflicht hinreichend erfüllen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2017)

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