ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz will im Wahlkampf auch bei Wirtschaftsthemen stärker Flagge zeigen. Bei einem Besuch auf dem Flughafen Wien gab er ein Bekenntnis zu wirtschaftsfreundlicher Standortpolitik ab.
Wien. „Hallo! Wie geht's? Alles in Ordnung?“ Es gibt nur wenige Menschen, die an diesem Nachmittag in der Ankunftshalle des Wiener Flughafens den Weg von Außenminister und ÖVP-Chef Sebastian Kurz kreuzen und nicht mit einem freundlichen Händedruck und ein paar Worten Small Talk begrüßt werden. Bis zur Nationalratswahl sind es noch knapp drei Monate, und Kurz befindet sich voll im Wahlkampfmodus.
Die Touristen aus Norwegen haben anfangs zwar Probleme, die auf Deutsch gestellte Frage „Wo kommt ihr her?“ zu verstehen. Nach ein paar Worten in Englisch und einem Selfie mit dem Minister ist jedoch auch diese internationale Minikrise schnell gemeistert. Wie auch überhaupt das Selfie zum zentralen Berührungspunkt zwischen Politik und Wähler geworden ist. Kaum einer lässt sich die Chance auf ein Foto mit Kurz entgehen.
Flughafen als Standortsymbol
Kurz' Besuch ist Teil seiner „Österreich-Gespräche“. Dabei geht es natürlich um klassischen Wahlkampf. So werden nicht nur die Mitarbeiter im AUA-Reparaturhangar besucht (Selfies inklusive), sondern auch der Diensthund der lokalen Polizeistaffel fototauglich gestreichelt. Kurz will damit aber auch inhaltlich sein wirtschaftspolitisches Profil schärfen. Nicht zuletzt deshalb, weil sein wohl wichtigster Konkurrent, Bundeskanzler Christian Kern, auf eine langjährige Managerkarriere in teilstaatlichen Unternehmen verweisen kann.
Welcher Ort wäre dafür passender als der Flughafen Wien, der durch das umstrittene und inzwischen wieder aufgehobene Urteil zur dritten Piste zuletzt quasi zum Symbol der Standortpolitik geworden ist? Kurz ist in seiner Meinung zu dem Thema eindeutig. „Wir müssen ein Bewusstsein in der Verwaltung schaffen, dass wir solche Projekte brauchen. Denn nicht der Staat schafft Arbeitsplätze, sondern die Unternehmen.“ Für diese sei es jedoch immer schwerer, Investitionen auch umzusetzen – nicht nur beim Flughafen. Und das sei „sehr problematisch“.
Kurz will daher eine Verkürzung der Verfahrensdauern. „Das Verfahren für die dritte Piste läuft seit 17 Jahren. Das ist für mich als 30-Jährigen eine unvorstellbare Dauer.“ Er plädiert für die Einführung einer gesetzlichen Obergrenze, wie lang ein Verfahren dauern darf. „Bürger und Unternehmen müssen ein Anrecht darauf haben zu wissen: Wie lang kann es maximal dauern?“
So weit, so konkret. Wenn es um die Details geht, wird vieles wieder unklarer. Wie lang soll diese maximale Dauer sein? Welche Sanktionen sind bei Überschreiten vorgesehen? Und bedeutet das eine Einschränkung bei Instanzen oder Eingabemöglichkeiten von Projektgegnern? Das soll – wie die Details über die bereits im Juni angekündigte steuerliche Entlastung von 14 Milliarden Euro sowie deren Gegenfinanzierung – erst im September bekannt gegeben werden.
Warum Verfahren so lang dauern können, erklären ein paar Zahlen, die Flughafen-Vorstand Günther Ofner nennt. So haben die Eingabeunterlagen für die dritte Piste „zehn Tonnen“ gewogen. Würde jemand den gesamten Akt lesen wollen, „würde das zweieinhalb Jahre dauern“, so Ofner.
„Staatliche Regeln weltfremd“
Aber nicht nur bei den Verfahrensdauern drückt den heimischen Unternehmen der Standortschuh. Neben der Abgabenbelastung wird vor allem auch die fehlende Flexibilisierung der Arbeitszeit immer wieder genannt. Die Sozialpartner sind erst jüngst wieder mit einer Einigung gescheitert. Wo steht Kurz in dieser Frage?
„Die Welt ist flexibler geworden. Es gibt Bereiche, bei denen die staatlichen Regelungen sehr, sehr weltfremd und sehr weit weg sind von dem, was in der Praxis notwendig ist und sich auch abspielt.“ Beispielsweise könnten die heutigen Arbeitszeitregelungen verhindern, dass jemand von einer Dienstreise noch nach Hause fahren kann, weil er sonst seine Maximalzeit überschreitet.
Ist für Kurz daher eine gesetzliche Regelung – ohne Sozialpartner– denkbar? Die Antwort bleibt wieder vage – und komplex: „Ich bin niemand, der der Meinung ist, dass, wenn jemand sagt, er übernimmt die Verantwortung für ein Thema, und er es dann nicht schafft, dass dann alles bleibt, wie es ist. Das ist nicht mein Zugang.“