Flugzeugträger Gerald R. Ford: Der neue Meister des Meeres

(c) U.S. Navy (MC2 Ridge Leoni)
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Die U.S. Navy stellt am Samstag den nuklearen Flugzeugträger Gerald R. Ford in Dienst, den Ersten einer nach vier Jahrzehnten ganz neuen Klasse. Die Ford soll besser als alle jetzigen Träger sein, ist aber auch das teuerste Schiff der Welt.

Wenn man will, hat die Sache in Österreich begonnen. Genauer gesagt 1849 in der Adria. Damals belagerten österreichische Truppen im Zuge der Revolutionskriege das rebellische Venedig, und einige modern denkende Offiziere hatten die Idee, unbemannte Heißluftballons gegen Venedig zu schicken, die automatisch Bomben abwerfen würden. Von Land her war die Reichweite der Artillerie nämlich noch zu gering. Einige solcher Bomben-Ballons starteten im Juli vom Dampfer "Vulcano", doch wegen ungünstiger Winde trafen wohl nur eine oder zwei Bomben die Stadt.

Es war jedenfalls der erste Luftangriff überhaupt, und zugleich der erste von See her.

Sieht man die Vulcano als Luftfahrzeugträger, erreicht diese Geschichte 168 Jahre später eine neue Dimension, wenn am Samstag in der Marinebasis Norfolk (US-Staat Virginia) der nun modernste Flugzeugträger in Dienst gestellt wird: die USS Gerald R. Ford. Der 337 Meter lange, 78 m breite, 76 m hohe Titan von um die 100.000 Tonnen Verdrängung gibt als Typschiff einer neuen Klasse seinen Namen, die bis 2025 drei Stück zählen wird. Später könnten es zehn werden, die alle zehn nuklearen „Supercarrier" der ab 1975 eingeführten Nimitz-Klasse ablösen. Das wird halt Jahrzehnte dauern, denn die Letzte der Nimitz-Klasse, die George H. W. Bush, fährt erst seit 2009 und soll das noch bis etwa 2058 tun.

Das teuerste Kriegsschiff der Welt

In Norfolk wird US-Präsident Donald Trump dabei sein und sehen, wie die Navy das zwar nicht größte, aber teuerste Kriegsschiff der bisherigen Geschichte in Dienst stellt. Als die Arbeiten 2005 starteten, betrug die Kostenangabe für das Typschiff Ford etwa acht Milliarden Dollar (sieben Mrd. Euro). Heute spricht man von fast 13 Milliarden; dabei wurden 4,7 Mrd. Dollar für Entwicklung neuer Technologien ausgeklammert. Laut US-Rechnungshof werden zurückgestellte Arbeiten, letzte Schliffe und Tests nach Indienststellung noch einmal 780 Mio. Dollar kosten.

Der erste nuclear carrier der USA (und der Welt), die USS Enterprise (1961–2012), kostete nach heutigem Wert 3,4 Mrd. Dollar. Man beließ es aufgrund der Kosten bei einem statt geplanter sechs Träger dieser Klasse und setzte bis zur Nimitz wieder auf billigere Ölantriebe. Aber auch die Nimitz-Träger kosteten (ohne Betriebskosten) je nur 4,5 bis sechs Milliarden Dollar.

Kritisiert wurde in der jüngsten Vergangenheit eine Bauverzögerung von mehr als 30 Monaten. Die Hersteller Huntington Ingalls bzw. Newport News Shipbuilding sowie die Zulieferer haben allerdings in vielerlei Hinsicht und nach vier Jahrzehnten etwas ganz Neues gemacht, das nur auf den ersten Blick eines Laien nicht so verschieden wirkt. Der neue Atomantrieb der Ford-Klasse etwa ist einfacher konstruiert, hat aber mit 600 Megawatt Leistung das Dreifache der Nimitz-Klasse. Er verleiht der Ford pro Reaktorfüllung eine unbegrenzte Laufstrecke über 20 bis 25 Jahre. Die Radars und die Luftabwehrsysteme mit Raketen und Kanonen sind besser, die Maße und Positionierung der „Insel", also des Kommandoturms, günstiger; es könnte auch Laserkanonen gegen Raketen und kleine Boote geben.

Weiterhin sind 90 bis 100 Luftfahrzeuge an Bord. Aber erstens sind darunter schon die neuen F-35-Lightning-II-Jets, zweitens gibt es vier komplett anders gebaute Katapulte sowie Landefangvorrichtungen: Sie funktionieren nicht mehr mit Dampf bzw. Hydraulik, sondern elektromagnetisch. Das heißt in der Praxis, dass man sowohl schwerere als auch leichtere Flugzeuge als bisher sowie Drohnen benützen kann. Die neuen Geräte können nämlich größere Kräfte entwickeln, aber auch sanfter sein und damit mit leichteren Luftfahrzeugen, die sonst beschädigt würden, umgehen. Starts und Landungen sollen also „angepasster", sprich schonender, erfolgen, und die Startrate pro Tag um ein Viertel steigen - das wären im Vergleich zur Nimitz-Klasse bis zu 220 Starts, an ganz harten Tagen angeblich sogar 270.

Viele der neuen Systeme machten indes Probleme und waren für die Bauverzögerung verantwortlich. Immerhin lassen verbesserte Automation und neues Design zu, dass die Besatzung samt Flugpersonal auf etwa 4300 Mann schrumpft – das sind 1000 bis 1300 weniger als auf der Nimitz-Klasse.

Neben den USA hat heute nur Frankreich mit der "Charles de Gaulle" einen Atomflugzeugträger, doch er ist mit 42.000 t Verdrängung und 28 bis 40 Fluggeräten kaum halb so groß wie die amerikanischen Supercarriers.

Der Namensgeber, Ex-Präsident Gerald Ford (1913–2006, im Amt 1974–77), war kurz vor seinem Tod von der Benennung der Trägerklasse informiert worden – eine verdammt seltene Ehre. Der Mann aus dem Präriestaat Nebraska hatte im Zweiten Weltkrieg auf dem kleinen Begleitträger USS "Monterey" im Pazifik gedient, war in schwere Kämpfe sowie Unglücke durch Stürme verwickelt und brachte es im Herbst 1945 zum Lieutenant Commander.

Fords legendärer Absturz in Salzburg

Sein Name steht indes für eine eher farblose Präsidentschaft und eine generelle Ära der Depression und Rezession nach dem verlorenen Krieg in Vietnam. In Österreich wird Ford aber wohl immer ob seiner legendären Ankunft auf dem Flughafen von Salzburg im Juni 1975 im Gedächtnis bleiben: Ford, der in Österreich auch Ägyptens Präsident Anwar as-Sadat traf, rutschte damals beim Abstieg auf der regennassen Gangway der Air Force One aus und schlitterte auf dem Hintern die Stufen hinab auf den Asphalt. Bundeskanzler Bruno Kreisky und ein Offizier halfen dem Amerikaner wieder auf die Beine.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2017)

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