Innerhalb von drei Monaten sind fast 700 Türken im Ausland staatenlos geworden – auch Babys sind betroffen. Die Vertretungen verweigern konsularische Dienste.
Wien. Der Feldzug der türkischen Regierung gegen die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen geht in der Türkei unbeirrt weiter. Täglich werden Menschen verhaftet oder angeklagt, erst am gestrigen Freitag haben die Behörden Haftbefehl gegen 159 Personen erlassen, weil sie untereinander mit dem verschlüsselten Messengerdienst ByLock kommunziert haben sollen. ByLock wird nach Darstellung türkischer Medien insbesondere von Gülen-Anhängern verwendet. Gülen und sein klandestin-islamisches Netzwerk sollen für den blutigen Putschversuch im vergangenen Jahr verantwortlich sein. Ankara wirft der Bewegung – mit der die AKP-Regierung im Übrigen jahrelang engstens verbandelt war – zudem die Unterwanderung des Staatsapparates vor.
Nun trifft der Feldzug gegen Gülen-Anhänger und andere Oppositionelle nicht nur die eigenen Staatsbürger in der Türkei, sondern auch im Ausland. Das geht bis hin zum Entzug der Staatsbürgerschaft, wie das in den Niederlanden beheimatete Institut für Staatenlosigkeit und Inklusion (ISI) in seinem jüngst veröffentlichten Bericht festhält. Demnach haben türkische Vertretungen im Ausland zwischen April und Juni 2017 insgesamt 695 Personen konsularische Dienstleistungen verweigert oder ihre Reisepässe nicht verlängert. In weiteren 19, dem Institut bekannten Fällen wurden die Pässe konfisziert. Im selben Zeitraum kamen 76 Kinder türkischer Eltern im Ausland auf die Welt, konnten aber nicht registriert werden. Die Babys sind somit staatenlos.