SPD-Chef Schulz entdeckt die Flüchtlingskrise als Wahlkampfthema

REUTERS/Hannibal Hanschke
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Der Kanzlerkandidat warnt vor einer Wiederholung der Flüchtlingskrise. Die CDU von Kanzlerin Merkel ist brüskiert: Die SPD habe sich lange gegen Begrenzungsmaßnahmen gesperrt.

Die Flüchtlingskrise kommt im deutschen Wahlkampf an - und erinnert an die innenpolitische Diskussion in Österreich: Der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, hat vor einer Rückkehr der Flüchtlingskrise nach Deutschland gewarnt, falls Italien aus der Europäischen Union (EU) keine Hilfe erhält. Gegen Geld von der EU sollten andere EU-Staaten Italien Flüchtlinge abnehmen, schlug der SPD-Chef am Wochenende in mehreren Interviews vor. Der "Bild am Sonntag" sagte Schulz, 2015 seien über eine Million Flüchtlinge weitgehend unkontrolliert nach Deutschland gekommen: "Wenn wir jetzt nicht handeln, droht sich die Situation zu wiederholen."

Die CSU übte scharfe Kritik an den Wahlkampftönen von Schulz. "Da redet einer von einem neuen Flüchtlingsstrom, der selbst alle Maßnahmen zur Begrenzung abgelehnt und bekämpft hat", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der "Passauer Neuen Presse" am Montag. "Mehr Abschiebungen, mehr sichere Herkunftsstaaten, Grenzkontrollen und Transitzonen - das alles haben SPD und MartinSchulz vehement blockiert." Schulz rede "total unglaubwürdig und unseriös" daher.

Der innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, sah dahinter vor allem Wahlkampftaktik. "Es ist hoch bemerkenswert, dass nunmehr der SPD-Kanzlerkandidat die Migrationskrise als Thema entdeckt und endlich auch festgestellt hat, dass diese noch bei Weitem nicht bewältigt und gelöst ist", sagte Mayer der Zeitung. Es seien die Unionsparteien gewesen, die mit ihren Initiativen dazu beigetragen hätten, dass die Zuzugszahlen von Flüchtlingen heuer deutlich geringer seien als in den beiden vergangenen Jahre, sagte Mayer.

Schulz fürchtet Panzer am Brenner

Schulz will am Donnerstag in Rom mit Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni über eine "Koalition der Willigen" reden, die Flüchtlinge aufnehmen wollen. Deutschland will er davon allerdings ausnehmen: "Jetzt sind die anderen EU-Mitgliedstaaten dran." In Italien sind in diesem Jahr schon über 93.000 Flüchtlinge angelangt, die über das Mittelmeer per Boot kommen. Wenn Italien aus Überlastung sage, "dann lass sie ziehen", könne man "relativ schnell ausrechnen, wohin sie kommen", sagte Schulz im Deutschlandfunk. Österreich könne dann "den Brenner mit Panzern dichtmachen. Diese Leute werden Wege finden, um dann wieder in Deutschland anzukommen."

Der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warf Schulz erneut vor, sie habe im Herbst 2015 die Grenzen zu Österreich "ohne Absprache mit unseren Partnern in Europa" geöffnet. Dies sei aus "gut gemeinten humanitären Gründen" geschehen. "Das war richtig so, weil die Leute gerettet werden mussten", unterstrich Schulz in mehreren TV-Interviews. Merkel habe seinerzeit "aber die Leute im Stich gelassen, die in Deutschland die Integration leisten müssen". Im Jahr 2015 sei "ein Chaos entstanden, weil man nicht rechtzeitig gehandelt hat". Das wolle er vermeiden.

(APA/AFP)

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