Private Krankentransporte wehren sich gegen Kritik an Qualität

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Weil private Fahrtendienste immer häufiger auch Krankentransporte übernehmen, geraten die Blaulichtorganisationen unter Druck. Diese zeigten auch Sorge ob der Qualität der Transporte – dagegen wehrt sich nun eines der größten privaten Transportunternehmen.

Wien. Die Wiener Gebietskrankenkasse muss sparen. Darum übernehmen immer häufiger private, billigere Fahrtendienste Krankentransporte. Das führt aktuell zu einer Krise bei den großen Rettungsorganisationen Rotes Kreuz, Samariterbund, Malteser, Johanniter und Grünes Kreuz. Ihnen fehlt nun Geld, ausgebildete Sanitäter müssen gekündigt werden. Sie kritisierten zuletzt diesen Trend in einem offenen Brief, in dem sie auch ihre Sorge um die Qualität der Patientenversorgung äußerten – denn es reicht laut WGKK ein Taxi- oder Mietwagengewerbeschein, um solche Transporte durchführen zu dürfen.

Gegen den Vorwurf der minderen Qualität wehrte sich am Dienstag nun erstmals einer der privaten Anbieter: „Grundsätzlich verwehren wir uns gegen die seitens der Blaulichtorganisationen durch unterschiedliche Medien zuletzt erhobenen Vorwürfe der mangelnden Hygiene, Inkompetenz etc., weil diese nachweislich unrichtig sind“, schreibt der Eigentümer von Hallermobil, Thomas Haller, in einem offenen Brief.

Gewerkschaft beratschlagt

Bei den Fahrzeugen gebe es dieselben Hygienestandards wie bei den Blaulichtorganisationen. Dazu würden die Mitarbeiter laufend geschult – unter anderem zu den Themen „lebensrettende Sofortmaßnahmen“ und Wiederbelebung. Weiters seien der optimale Umgang mit Rollstühlen und Krankentragen Teil der Ausbildung. Das AMS zeichnete die Weiterbildungen des Unternehmens kürzlich für „Weiterbildung von Beschäftigten in besonderem Ausmaß“ aus. Der Fahrtendienst beschäftigt aktuell rund 200 Mitarbeiter – seit 2013 wurden nach eigenen Angaben rund 1,3 Millionen Fahrten durchgeführt. Die Wiener Gebietskrankenkasse argumentiert die Verlagerung auf private Fahrtendienste mit den Kosten: Sie seien deutlich niedriger. Eine Ausschreibung hat es übrigens für die millionenschweren Aufträge nie gegeben, obwohl spezialisierte Juristen der „Presse“ versicherten, dass sie eigentlich nötig wären. Die WGKK argumentiert, dass die einzelnen Aufträge unter der Ausschreibungsgrenze liegen und die meisten Unternehmen für sie schon seit Jahrzehnten tätig seien. Bei Neuvergabe von Aufträgen wolle man künftig ausschreiben.

Am Dienstagabend berief die Gewerkschaft Vida zu der Causa auch eine Versammlung in der ÖGB-Zentrale in der Leopoldstadt ein. Der Sparkurs würde den qualifizierten Krankentransport gefährden, warnte Vida. Darum sollte über Protestmaßnahmen abgestimmt werden.
Das Ergebnis sei offen, sagte Helmut Gruber von der Vida. Es könnte von „okay, wir nehmen es mit Bedauern zur Kenntnis und weinen jetzt – bis hin zu den schärfsten Kampfmaßnahmen, die zur Verfügung stehen“ reichen. Auch Streik sei nicht auszuschließen.

Kündigungen wurden nötig

Zuletzt kündigte das Rote Kreuz an, 35 Sanitäter entlassen zu müssen. Auch viele andere Rettungsdienste mussten in den vergangenen Jahren einsparen.

Die zuständige Stadträtin, Sandra Frauenberger (SPÖ), reagierte bereits auf die Bedenken der Blaulichtorganisationen und lud zu einem runden Tisch auch die Wiener Gebietskrankenkasse und die Gewerkschaft. Fonds-Soziales-Wien-Chef Peter Hacker ist als Projektkoordinator eingesetzt. Es sollen prinzipielle Fragen des Rettungs- und Krankentransportwesens ebenso diskutiert werden wie eine Reform, die die Zukunft der Rettung garantieren kann. Sie wolle die Qualität der Rettungsdienste auch weiterhin sicherstellen, die Blaulichtorganisationen waren in der Vergangenheit zuverlässige Partner, die man auch in der Zukunft brauchen werde und nicht verlieren wolle. (ath)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2017)

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