Zahl der Schlepper und Geschleppten stark zurückgegangen

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP)APA/EXPA (MICHAEL GRUBER)
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Die Zahlen des Vorjahres liegen dennoch deutlich über jenen von 2014, heißt es im Schlepperbericht des Innenministeriums. Für 2017 ist Migration vor allem aus Afghanistan auf hohem Niveau zu erwarten.

Nach der Migrationswelle 2015 und der Schließung der Westbalkanroute ist die Zahl der nach Österreich geschleppten Personen und der Schlepper 2016 zurückgegangen. Dennoch liegen die Zahlen deutlich über jenen von 2014, heißt es im Schlepperbericht des Innenministeriums. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 50.848 Personen aufgegriffen - ein Rückgang von 46 Prozent gegenüber 2015 (94.262). Zum längerfristigen Vergleich: 2014 wurden 34.070 Menschen aufgegriffen, die unberechtigt nach Österreich eingereist waren oder sich hier unberechtigt aufhielten. 2008 waren es 15.367.

27.850 der 2016 aufgegriffenen Personen (Teil der "Aufgegriffenen-Gesamtzahl") waren mit Schleppern über die Grenze gekommen (2014: 20.768, 2015: 72.179). 22.749 reisten selbstständig illegal ein bzw. hielten sich in Österreich illegal auf (2015: 20.975). Die Zahl der Schlepper sank von 1.108 (2015) auf 249 (2016). 2014 waren 511 Schlepper identifiziert worden.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigte weitere Schwerpunktaktionen an. "Wir sehen ganz deutlich, dass die Schwerpunktkontrollen im grenznahen Bereich Wirkung zeigen", sagte der Ressortchef. Man wollen den Kontrolldruck entsprechend erhöhen. Grenzüberschreitende Ermittlungen und der Aufbau einer internationalen Ermittlungseinheit standen zuletzt im Mittelpunkt der kriminalpolizeilichen Arbeit.

Wer schleppt, wer wird geschleppt?

76 Prozent der (aufgegriffenen) geschleppten Personen waren 2016 Männer, 40 Prozent 19 bis 30 Jahre und 20 Prozent 15 bis 18 Jahre alt, gefolgt von den 31- bis 40-Jährigen (14 Prozent). Neun Prozent waren bis sieben Jahre alt. Bei den Schleppern handelte es sich hauptsächlich um Männer (93 Prozent), die meisten waren Rumänen (30), gefolgt von Ungarn (29), Pakistani (17) und Serben (14). Durchschnittlich sind Schlepper 20 bis 40 Jahre alt.

Die meisten geschleppten Personen kamen bisher aus Afghanistan (2016: 9.445, 2015: 20.391), Syrien (2016: 2.880, 2015: 21.473), Pakistan (2016: 2.298, 2015: 2.633), Irak (2016: 2.134, 2015: 12.732) und Iran (2016: 1.850, 2015: 2.656). Es zeichnete sich aber bereits seit Mitte 2016 ein starker Anstieg verschiedener afrikanischer Nationen wie etwa Gambia (2016: 1.077; 2015: 430) oder Nigeria (2016: 4.245; 2015: 2.228) an.

Die meisten Aufgriffe gab es im vergangenen Jahr in den Bezirken Baden (6.475) und Neusiedl am See (5.502), gefolgt vom Stadtpolizeikommando Kufstein (5.066), Bezirk Innsbruck-Land (5.043), Stadtpolizeikommando Salzburg (4.442) sowie im Bereich der Landespolizeidirektion Wien in den Bezirken Favoriten (1.808) und Josefstadt (1.638). Die meisten Grenzübertritte erfolgten aus Ungarn (11.122), Italien (9.384) und Slowenien (4.457).

Weiter Migration auf hohem Niveau

Für 2017 ist Migration aus Afghanistan auf hohem Niveau zu erwarten, heißt es im aktuellen Schlepperbericht. Sollte sich die Situation im Irak, aber insbesondere in Syrien nicht deutlich verbessern, müsse man von einem gleichbleibend hohen Niveau des Zustroms ausgehen, ebenso aus Libyen.

Für die Schlepperkriminalität in Österreich sind die Westbalkanroute und die zentrale Mittelmeerroute von wesentlicher Bedeutung. Laut den Analysen der Entwicklung bis zum Halbjahr 2017 rückt letztere verstärkt in den Vordergrund. Derzeit würden mehr als eine Million Menschen in Libyen auf ihre Überfahrt nach Europa warten. Der "Failed-State" wirke "wie ein Magnet" für viele Migranten aus dem zentralafrikanischen Raum.

Die Westbalkanroute wird vor allem von Menschen aus Afghanistan, Pakistan und Syrien genutzt. Sie führt von Pakistan und Afghanistan durch den Iran in die Türkei, weiter über Bulgarien. Über die zentrale Mittelmeerroute laufen vor allem Schleppungen von Menschen aus Gambia, Nigeria, Somalia und Eritrea.

Nationale und internationale Operationen

Im Mai 2016 wurde, nicht zuletzt als Reaktion auf das Flüchtlingsdrama bei Parndorf mit 71 Toten, das "Joint Operational Office against Human Smuggling Networks" (JOO) im Bundeskriminalamt (BK) gegründet. Es versteht sich als verlängerter Arm von Europol und war 2016 an zahlreichen internationalen Ermittlungsverfahren beteiligt. Bei der Operation "Lungo/Nockel" etwa wurden Erhebungen gegen eine syrisch-irakische Organisation geführt, die Schleppungen von syrischen, irakischen und türkischen Staatsangehörigen nach Österreich und Deutschland organisierte. Allein in Österreich wurden neun Hausdurchsuchungen durchgeführt und neun Schlepper festgenommen. Insgesamt wurden 63 Verdächtige identifiziert.

Im Rahmen der Operation "URFA" liefen umfangreiche Ermittlungen gegen eine türkische Schlepperorganisation. Diese Bande führte Menschenschmuggel auf der Balkan-Route durch. Für vier Schlepper klickten in Österreich die Handschellen, für weitere Tatverdächtige in Deutschland, in der Slowakei, in Schweden, Polen und Mazedonien. Darüber hinaus wurden mehr als 40 maßgebliche Organisatoren und Mittelsmänner in der Türkei festgenommen, die dieser Gruppierung zuzuordnen sind.

(APA)

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