Israel schränkt Zugang zum Tempelberg wieder ein

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Nach neuerlichen Ausschreitungen dürfen Männer unter 50 Jahren nicht mehr an der heiligen Stätte beten.

Nach neuen Ausschreitungen schränkt Israel den Zugang zum Tempelberg in Jerusalem wieder ein. Wie die Polizei mitteilte, dürfen Männer unter 50 Jahren am Freitag nicht an den heiligen Stätten beten. Befürchtet würden neue Demonstrationen und Gewalt, erklärten die Behörden. Die Hoffnung auf eine dauerhafte Entspannung im Streit um den Tempelberg in Jerusalem hat sich am Donnerstag vorerst zerschlagen: Nach dem Abbau der umstrittenen Sicherheitsvorrichtungen durch Israel kamen zwar erstmals seit zwei Wochen wieder Palästinenser zu Gebeten in die heilige Stätte - bereits kurz darauf gab es aber Zusammenstöße mit israelischen Sicherheitskräften.

Der palästinensische Rote Halbmond meldete 56 Verletzte. Vor dem Tempelberg-Gelände gab es Auseinandersetzungen, als israelische Polizisten inmitten einer Menschenmenge liefen. Palästinenser warfen Plastikflaschen, die israelischen Sicherheitskräfte setzten Blendgranaten ein.

Auf dem Tempelberg wurden israelische Polizisten nach eigenen Angaben mit Steinen beworfen. Ein Beamter sei am Kopf getroffen worden, zudem seien einige Steine auf das Gelände der jüdischen Klagemauer heruntergefallen, teilte die Polizei mit. Die Beamten hätten diejenigen zurückgedrängt, "die sich den Anordnungen widersetzten".

Anschlag auf zwei Polizisten im Juli

Der Konflikt um den Tempelberg war Mitte Juli wieder eskaliert, nachdem bei einem Anschlag in der Jerusalemer Altstadt zwei Polizisten getötet worden waren. Israel versah die Zugänge zu den muslimischen Gebetsstätten auf dem Tempelberg daraufhin mit Metalldetektoren und neuen Überwachungskameras. Israel begründete die Maßnahme damit, dass die Angreifer Waffen auf das Tempelberg-Gelände geschmuggelt hätten.

Die Sicherheitsvorrichtungen führten zu wütenden Protesten, bei denen fünf Palästinenser getötet wurden. Im besetzten Westjordanland erstach ein palästinensischer Angreifer in einer Siedlung drei Israelis. Netanyahu forderte am Donnerstag die Todesstrafe für den 19-Jährigen.

Im israelischen Militärrecht müssen drei Militärrichter der Vollstreckung der Todesstrafe einstimmig zustimmen. Seit 1962 wurde die Todesstrafe in Israel nicht mehr vollstreckt. Im Fall des Attentäters im Westjordanland würde Militärrecht zur Anwendung kommen.

Zuletzt hatte es so ausgesehen, als wäre der neu aufgeflammte Streit um den Muslimen wie Juden heiligen Tempelberg entschärft: Israel baute seine umstrittenen Sicherheitsvorrichtungen wieder ab, die Palästinenser kündigten daraufhin ein Ende ihrer Proteste an. Die israelische Polizei erklärte, die Zugangskontrollen seien nun wieder in dem Zustand wie vor dem Anschlag auf die Polizisten am 14. Juli.

Abbau der Kontrollen wurde gefeiert

In den frühen Morgenstunden am Donnerstag versammelten sich zunächst zahlreiche Palästinenser am Fuß des Tempelbergs und feierten den Abbau der Sperren mit einem Hupkonzert und Böllern. Ein Teilnehmer sprach von einem "Sieg" über Israel.

Am Nachmittag kamen erstmals wieder tausende Gläubige zum Gebet auf den Tempelberg, der auf Arabisch Al-Haram Al-Sharif heißt. Einige weinten vor Freude, andere riefen "Allahu Akbar" (Gott ist groß), wie AFP-Journalisten berichteten.

Israel kündigte an, nun weniger auffällige Kontrollvorrichtungen am Tempelberg installieren zu wollen. Details sind noch nicht bekannt. Das israelische Einlenken kam offenbar auf Vermittlung Jordaniens zustande.

Al-Haram Al-Sharif ist das drittwichtigste Heiligtum des Islams nach Mekka und Medina. An seinem Fuß befindet sich auch die jüdische Klagemauer, einziger Überrest des von den Römern im Jahr 70 zerstörten Zweiten Jüdischen Tempels und höchstes Heiligtum des Judentums.

Um den Tempelberg gibt es zwischen Israel und den Palästinensern seit Jahrzehnten Streit. Im Jahr 2000 führte ein Besuch des damaligen israelischen Oppositionsführers Ariel Sharon zum Beginn eines Palästinenseraufstands, der Zweiten Intifada.

(APA/AFP)

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