Public Viewing: Und jetzt die Frauen

Mit den österreichischen Erfolgen bei der Frauen-Fußball-EM wuchs der Anteil der männlichen Besucher im WUK.
Mit den österreichischen Erfolgen bei der Frauen-Fußball-EM wuchs der Anteil der männlichen Besucher im WUK.(c) Carolina Frank
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Dass die Östereicherinnen so gut spielen, überrascht viele. Dass das tatsächlich so viele Leute interessiert, manche fast noch mehr. Die Zahl der Orte zum gemeinsam Schauen wächst.

Wien. Nun sind also die Frauen an der Reihe. Unerwarteterweise. Denn während man bei den Europa- und Weltmeisterschaften der Nationalteams der Männer nun seit mehr als zehn Jahren – als Initialzündung des Public Viewing im größeren Stil gilt die WM 2006 in Deutschland – an immer mehr Orten, öffentlichen Plätzen und in Lokalen in ganz Österreich gemeinsam schaut, war das bei den Frauen bisher Minderheitenprogramm. In einzelnen Frauenlokalen und -Institutionen gab es vor der aktuell laufenden EM schon gemeinsames öffentliches Fußballschauen. Dass das im größeren Stil tatsächlich mehrere Menschen – ja, sogar Männer – interessieren könnte, hätten viele allerdings gar nicht geglaubt.

„Es hat uns in der Gastronomie überrascht“, sagt da zum Beispiel Peter Dobcak, der Gastronomie-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer. „So groß aufgezogen wie bei der Herren-EM ist das unverdienterweise nicht.“ Er rechnet aber nicht damit, dass noch Lokale im großen Stil nachrüsten. Denn bis die nötigen Genehmigungen eingeholt sind, sei die EM wohl wieder vorbei.

Natürlich könne es aber sein, dass der eine oder andere Wirt noch einen Fernseher aufstelle. Für dieses Mal scheint es also keinen allzu großen Boom zu geben, aber „wenn die so weiterspielen, wird es bei der nächsten EM sicher so wie bei den Männern sein“.

Der Boom ist aufgeschoben

Langsam verbreitet sich das Phänomen Public Viewing also auch rund um den Bewerb der Frauen-EM – plus bessere Spielergebnisse, falls man dem österreichischen Team die Daumen hält. Aber die Ergebnisse sind ja bisweilen Nebensache. Oft geht es beim gemeinsamen Fußballschauen um ganz andere Dinge, die Atmosphäre, das Beieinandersitzen, das Trinken. Im WUK, zum Beispiel. Das ist bekanntlich seit vielen Jahren eine der ersten Adressen, wenn es in Wien um Public Viewing bei Fußball-Großereignissen geht. Seit knapp einem Jahrzehnt ist hier das EM- bzw. WM-Quartier bei den Männerbewerben.

Bei Österreich-Spielen ist es voll

„Bei den Österreich-Spielen war es bis jetzt immer voll“, sagt Susanna Rade, Sprecherin des WUK. Alle Spiele werden auf sechs HD-Flatscreens übertragen, im Innenhof ist ein Kunstrasenteppich ausgebreitet – und sollte es, wonach es derzeit nicht aussieht – regnen, gibt es Ausweichmöglichkeiten in die inneren Bereiche des Kulturzentrums. An sich so wie jedes Mal, wenn hier Fußball-Großereignisse öffentlich übertragen werden. Nur eben diesmal nicht mit Männern auf den Bildschirmen. „Es war für uns ein Experiment“, sagt Rade. „Wir sind ähnlich wie die österreichische Mannschaft überrascht.“ Auffällig sei jedenfalls, dass es mit der Zeit einen Wandel im Publikum gegeben habe. „Am Anfang war es noch sehr frauenlastig, aber je länger es läuft, desto ausgewogener ist das Publikum.“ Mit dem Erfolg des Teams haben offenbar auch mehr Männer ihr Interesse am Frauenfußball entdeckt.

Parallel zu den Übertragungen läuft im WUK als Rahmenprogramm eine kleine Filmreihe über Frauen und Fußball, kuratiert von den Frauenfilmtagen. Und auch das reguläre Konzertprogramm findet parallel zum Fußballschauen im Hof statt.

Ebenfalls mit Rahmenprogramm – mit Talkrunden, Panini-Tauschbörse (ja, auch das ist eine Premiere, dass Panini ein Stickeralbum zu einem Frauenbewerb veröffentlicht), Wuzler und Grillerei – gezeigt werden die Spiele im Frauenzentrum Ega in der Windmühlgasse im sechsten Bezirk oder im Gugg, dem Vereinslokal der Hosi Wien in der Heumühlgasse ebenfalls im sechsten Bezirk.

Im Vergleich kleines Angebot

Auch einige Bars und Beiseln haben den Frauenfußball für sich entdeckt: So zum Beispiel das Zweistern in der Heinestraße 42 im zweiten Bezirk, Public Viewing gibt es auch im Hawidere in der Ullmanstraße im 15. Bezirk.

Verglichen mit den Bewerben der Männer – und da jedem gewöhnlichen Champions-League-Match – ist das Angebot in Wien da also noch eher überschaubar – und das große Interesse beschränkt sich, wie man hört, bisweilen auf die Matches der Österreicherinnen. Aber das Interesse an Frauenfußball wächst: Das zeigt etwa das Beispiel der Academy Bar in Salzburg, in der die Spiele ebenfalls gezeigt werden, die dafür auch extra aufsperrt und die an den Spieltagen der Österreicherinnen voll bis auf den letzten Platz ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2017)

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