Eurofighter: "Undurchschaubare Geldflüsse" bei Gegengeschäften

Archivbild: Ein Eurofighter des Österreichischen Bundesheeres bei der Flugshow Airpower 2013
Archivbild: Ein Eurofighter des Österreichischen Bundesheeres bei der Flugshow Airpower 2013REUTERS
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Der Verfahrensrichter im U-Ausschuss übt in seinem Entwurf des Ausschussberichts harsche Kritik an Eurofighter-Hersteller EADS.

Harsche Kritik an Eurofighter-Hersteller EADS übt der Verfahrensrichter im U-Ausschuss, Ronald Rohrer. In seinem der Austria Presseagentur vorliegenden Entwurf des Ausschussberichts wirft Rohrer dem Konzern vor, rund um die Gegengeschäfte "undurchschaubare Geldflüsse" bewirkt und damit Österreich gegenüber "treuwidrig" gehandelt zu haben. Kritik übt der Bericht auch an Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ).

Rohrer kritisiert sowohl die Mittel, die EADS einsetzte, um den Eurofighter-Auftrag an Land zu ziehen, als auch das später rund um die Gegengeschäfte aufgezogene Finanzgeflecht. EADS habe an kleine, unbekannte Agenturen mit Nahebeziehung zu politischen Entscheidungsträgern "hohe, nicht nachvollziehbare Provisionen und Erfolgshonorare" bezahlt, ebenso an Gesellschaften mit nicht identifizierbarem Tätigkeitsbereich wie etwa Vector Aerospace. Dieses Verhalten "legt die Vermutung unrechtmäßiger Verwendung dieser Gelder nahe", schreibt Rohrer.

Keine Beweise für Bestechung, aber fragwürdige Konstruktionen

Beweise für die Bestechung von Parteien oder Entscheidungsträgern sind bis heute nicht bekannt. Beispiele für fragwürdige Konstruktionen finden sich im Bericht aber mehrere: Etwa die vom EADS-Berater Erhard Steininger an die PR-Agentur des früheren FPÖ-Bundesgeschäftsführers Gernot Rumpold bezahlten 6,6 Mio. Euro. Oder 87.600 Euro desselben Lobbyisten an eine Firma der Frau des an der Eurofighter-Einführung beteiligten Generalmajors Erich Wolf. In beiden Fällen kam es zu keiner Anklage.

Die größten Summen flossen über Vector Aerospace. Die von den Lobbyisten Walter Schön und Alfred Plattner kontrollierte Firma sollte offiziell Gegengeschäfte im Wert von 2,7 Mrd. Euro an Land ziehen. Vector erhielt von den Eurofighter-Herstellern dafür 114 Mio. Euro Provision. Das in Österreich für die Gegengeschäfte zuständige Wirtschaftsministerium erfuhr davon nichts. Das Verteidigungsministerium vermutet in seiner im Februar eingebrachten Anzeige, dass ein Teil der Gelder dazu diente, die Kaufentscheidung zu beeinflussen. Beweise dafür sind bisher nicht bekannt.

Durch die dem Ausschuss vorliegenden Justiz-Unterlagen sind allerdings Provisionen an die Gegengeschäftspartner von Eurofighter bzw. EADS/Airbus belegt. So erhielt der Feuerwehr-Spezialist Rosenbauer 360.000 Euro für die Anmeldung eines Kroatien-Deals als Gegengeschäft. Und an den früheren Magna-Manager Hubert Hödl sollen für das Identifizieren von Gegengeschäften zwischen DaimlerChrysler und Magna 6,8 Mio. Euro geflossen sein. Hödl hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe im März betont, sich keiner falschen Vorgangsweise bewusst zu sein. Seine im Ausschuss geplante Befragung ließ er allerdings platzen - wie übrigens fünf weitere Zeugen.

"Intransparent und treuwidrig gehandelt"

Die Verantwortung für die komplizierten Finanzkonstruktionen weist Rohrer Eurofighter und EADS zu. Diese hätten durch die Übertragung der Gegengeschäfts-Verpflichtungen auf Vector "eine effektive Kontrolle ihrer vertraglichen Verpflichtungen unmöglich gemacht, undurchschaubare Geldflüsse bewirkt und gegenüber dem Vertragspartner intransparent und treuwidrig gehandelt", heißt es im Berichtsentwurf. Die Frage unrechtmäßiger Verwendung von Geldern sei nun in Strafverfahren zu klären.

Anhaltspunkte dafür, dass das Wirtschaftsministerium "Scheingeschäfte" als Gegengeschäfte akzeptierte, fand der Ausschuss aus Rohrers Sicht aber nicht: "Anhaltspunkte für eine nicht korrekte Vorgangsweise wurden nicht gefunden. Dass Fehleinschätzungen und später vom externen Prüfer korrigierte Bewertungen vorkamen, liegt in der Komplexität dieser Vorgänge begründet."

Abschließend empfiehlt Rohrer, sich bei Gegengeschäften künftig an der international üblichen Höhe von 100 Prozent des Wertes des Kaufvertrags zu orientieren (im Fall Eurofighter wurden Gegengeschäfte von 200 Prozent des Preises der Jets vereinbart). Außerdem sollte es aus Rohrers Sicht ein gemeinsames Kontrollgremium für Gegengeschäfte geben.

Kritik an Darabos

Beim zweiten im Ausschuss behandelten Thema - dem 2007 zwischen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und Eurofighter verhandelten Vergleich - fällt Rohrers Urteil zwiespältig aus. Zwar übt der Bericht deutliche Kritik an Darabos' Vorgehensweise. Ob der Vergleich positiv oder negativ zu bewerten ist, könne aber vom U-Ausschuss "nicht beurteilt werden". Hinweise auf Korruption sieht er nicht.

Kernpunkt des Vergleichs vom Juni 2007: Statt 18 Jets der modernen Tranche 2 sollten nur 15 Flugzeuge der ersten Baureihe geliefert werden. Inklusive Preisnachlass bei den Betriebskosten glaubte Darabos an Einsparungen von 370 Mio. Euro. Der Rechnungshof kam ein Jahr später aber auf deutlich weniger, nämlich nur 267 Mio. Euro, die noch dazu durch mangelnde Einsatztauglichkeit erkauft wurden.

Die Befragungen im Ausschuss haben im Wesentlichen die Kritik des Rechnungshofes an den Vergleichsverhandlungen bestätigt: Demnach haben Darabos und sein Rechtsberater Helmut Koziol über die Gespräche mit Eurofighter-Geschäftsführer Aloysius Rauen keine Aufzeichnungen geführt, obwohl der damalige Minister aus Rohrers Sicht für eine ordentliche Dokumentation hätte sorgen müssen. Außerdem kritisiert Rohrer, dass Darabos die Finanzprokuratur und die zuständigen Abteilungsleiter nicht in die Verhandlungen eingebunden hat. Und dass Darabos den Vergleich ohne Zustimmung des Finanzministeriums schloss, wertet Rohrer als Verstoß gegen das Haushaltsgesetz.

"Trotz der besonderen Komplexität der Aufgabe wurde der Vergleichsabschluss offenbar nicht unter Zuziehung aller dem BMLV zur Verfügung stehenden Ressourcen vorbereitet", schreibt Rohrer. Und: "Mangels Dokumentation und auf Grund der unterbliebenen Ressourcennutzung kann Darabos den Einwand, es hätte ein anderes, besseres Vergleichsergebnis erzielt werden können, das für die Republik günstiger gewesen wäre, nicht nachhaltig entkräften."

Kein Korruptionsverdacht

Korruptionsverdacht gegen Darabos oder andere an den Vergleichsgesprächen beteiligten Personen hegt Rohrer aber nicht, auch wenn Eurofighter durch Sponsorzahlungen an den Fußballklub Rapid (4,05 Mio. Euro) ein "positives Umfeld" für sich bei SPÖ-Funktionären schaffen wollte: "Aus allen Beweisergebnissen hat sich kein tragfähiger Anhaltspunkt dafür ergeben, dass es zu unzulässiger Beeinflussung von Darabos und dessen Umgebung im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss gekommen wäre."

Zurückhaltend ist Rohrer, was die Beurteilung des Vergleichs insgesamt angeht: "Mit den dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehenden Mitteln kann die Qualität des von Darabos abgeschlossenen Vergleichs - somit ob dieser auch in den Folgewirkungen für die Republik Österreich positiv oder negativ zu bewerten ist - nicht beurteilt werden."

Der Bericht des Verfahrensrichters wird im Herbst vom Ausschuss beschlossen. Bis dahin werden noch Stellungnahmen der im Bericht (sowie in den von den Fraktionen separat vorgelegten Berichten) genannten Personen eingeholt. Größere inhaltliche Änderungen am Entwurf des Verfahrensrichters sind dem Vernehmen nach nicht geplant.

(APA)

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