"Hallo, hier spricht Edgar Wallace!"

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Serie Nach der Sonntagsmesse gab es nur einen Gesprächsstoff: Den Mord vom Tag davor.

Eine Kindheit in einer österreichischen Dorfgemeinde Ende der 60-er Jahre bestand aus einer Reihe von ehernen Ritualen: Dazu gehörte jeden Sonntagmorgen der Gang zur Kirche. Nach der Messe hatte man es nicht eilig, nach Hause zu kommen, es bildeten sich noch Menschentrauben, man tauschte Neuigkeiten aus. Eine Zeit lang gab es nur ein Thema: „Wer hätte gedacht, dass gerade der der Mörder ist?“

Es ging stets um den Fernsehkrimi vom Samstagabend, das waren die sogenannten „Straßenfeger“, ein alternativloses Abendangebot, Kinos gab es nur in Städten und es existierten nur zwei Fernsehprogramme, das zweite bestand oft aus sperriger Hochkultur, das lockte keinen an. Die Krimis stammten von dem englischen Thrillerautor Edgar Wallace, der meldete sich immer persönlich im Vorspann einer Folge zu Wort: „Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“ (Den Satz sprach kostensparend der Regisseur Alfred Vohrer). Dazu gleich zu Beginn das Knallen von Schüssen, ein gellender Schrei, und dann der Titel, in blutroten oder giftgrünen Buchstaben (der Rest des Filmes war dann in schwarz-weiß). Und welche Titel: „Der Fluch der gelben Schlange“, „Die toten Augen von London“, „Der schwarze Abt.“ Dazu das neblige London, vermummte Gestalten in düsteren Parks, krächzende Käuze, die kalte Themse.

Trat Kinski auf, tippte man sofort auf ihn als den Mörder

Eigentlich liefen die Filme, insgesamt 32, ab 1959 im Kino, aber kultig wurden sie erst durch die Fernsehausstrahlungen. Man wusste – das sollte sich bei einem Krimi eigentlich von selbst verstehen – bis zu letzten Minute nicht, wer der Mörder war. Natürlich wurde man ständig in die Irre geleitet: Trat Klaus Kinski mit seinem diabolischen G’schau auf, tippte man sofort auf ihn als den Mörder. Ätsch, natürlich war er es nicht! 

Die Damenwelt war fasziniert vom Schönling Joachim Fuchsberger, der nicht nur den Mordfall zu lösen hatte, sondern nebenbei auch ein weibliches Opfer unter seine Fittiche nehmen musste, ansehnliche junge Damen wie Karin Baal, Uschi Glas oder Karin Dor. Nicht selten bahnte sich da etwas an zwischen dem Detektiv und dem wehrlosen Fräulein. Alles also sehr trashig, die seriöse Kritik wetterte auch dementsprechend. Doch wen störte das. Nur eine Bitte: Remakes sind bitte tunlichst zu vermeiden, sie stören die Erinnerung.  

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