Hamburg-Anschlag: Ahmad A. wollte „als Märtyrer sterben“

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Nach Messerangriff gehen Ermittler nun von radikalislamistischem Motiv aus. Die Generalbundesanwaltschaft übernimmt den Fall.

Berlin. Ahmad A. soll sich nach der Bluttat selbst als „Terroristen“ bezeichnet haben. Die Behörden hielten sich indes zu möglichen Motiven des Hamburger Angreifers zurück. Sie hatten den 26-Jährigen zwar schon 2016 als Islamisten („Verdachtsfall“) eingestuft, hielten ihn aber auch für psychisch labil. Was nun den Ausschlag gegeben habe, lasse sich noch nicht sagen, hieß es sinngemäß.

Inzwischen jedoch gibt es „nähere Erkenntnisse zur Motivlage“: Ein radikalislamistischer Hintergrund liege nahe, teilte gestern die Bundesanwaltschaft mit. Die Behörde hat die Ermittlungen übernommen – wegen der „besonderen Bedeutung des Falls“. Zwar gebe es keine Anhaltspunkte, dass A. die Tat im Namen des IS begangen oder Kontakte zu der Terrormiliz habe. Auch für Komplizen fehlen Hinweise. Aber A. soll sich selbst radikalisiert haben.

Debatte um Abschiebungen

Seit „geraumer Zeit“ habe er sich mit radikalislamistischen Themen beschäftigt, so die Bundesanwaltschaft. Ein Freund schlug im Vorjahr Alarm, weil A. sich verändert hatte, sich zu radikalisieren schien.
Zwei Tage vor dem Anschlag soll sich der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geborene Mann dann zu einer radikalislamistischen „Lebensweise“ entschlossen haben, teilte die Bundesanwaltschaft nun mit. Am vergangenen Freitag entschied er sich dann, „ein Attentat zu begehen, verbunden mit der Hoffnung, als Märtyrer zu sterben“. A. erstach noch am selben Tag in einem Supermarkt einen 50-jährigen Mann und verletzte fünf weitere Menschen mit dem Messer.

Wie berichtet, war A. ausreisepflichtig. Passersatzpapiere fehlten. Das Thema schnellere Abschiebungen gewinnt seither im Wahlkampf an Gewicht. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach forderte zudem in der „Rheinischen Post“ eine Passpflicht für Asylbewerber: „Wir müssen wissen, wer in unser Land kommt.“

Indessen wächst der Druck auf die Hamburger Behörden. Zu den drängenderen Fragen zählt, warum die Polizei kein sozialpsychiatrisches Gutachten erstellen ließ. Der Verfassungsschutz hatte das empfohlen, wiewohl er A. keinen Anschlag zutraute. Die Polizei überprüft zudem routinemäßig, ob der 26-Jährige noch für weitere Straftaten in Betracht kommen könnte, darunter Berichten zufolge auch für einen noch unaufgeklärten Mord im Oktober, als ein 16-Jähriger unter der Kennedybrücke erstochen worden war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2017)

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