Venezuela: Maduro lässt Oppositionsführer verhaften

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Leopoldo López und Antonio Ledezma wurden nächtens aus ihren Wohnungen abgeholt und in ein Militärgefängnis verfrachtet. Nun fürchten weitere Antiregierungsaktivisten um ihre Freiheit.

Buenos Aires/Caracas. „Die Zellen warten schon!“ Diesen Satz hatte Nicolás Maduro schon vor dem Wahlgang am Sonntag ausgesprochen, als manche noch Hoffnung hatten, Venezuelas Präsident würde kurz vor dem Abgleiten in eine offene Diktatur noch kehrt machen. Und nun, nach der Präsentation eines Resultates, das die halbe Welt nicht akzeptieren will, machte Maduro ernst. In der Nacht zum Dienstag holte die Geheimpolizei Sebin die zwei Oppositionsführer Leopoldo López und Antonio Ledezma in ihren Wohnungen ab.

„Dringend! Gerade verschleppten sie Leopoldo aus dem Haus. Wir wissen nicht, wohin. Wenn ihm etwas passieren sollte, ist Maduro verantwortlich!“, schrieb López Ehefrau Lilian Tintori in der Nacht ihren 2,88 Millionen Followern auf Twitter. Die Oppositionsaktivistin und frühere TV-Präsentatorin hatte sich kurz vor der Wahl mit den zwei Kindern nach Florida begeben.

Später kursierte ein Video, das zeigt, wie zu nächtlicher Stunde eine Gruppe aus Offiziellen, teils uniformiert, teils zivil gekleidet, in der Lobby eines Wohngebäudes auftaucht. Eine Hausbewohnerin schreit verzweifelt um Hilfe: „Nachbarn, Nachbarn, sie verschleppen Ledezma!“ Dann ist zu sehen, wie der frühere Bürgermeister von Caracas abgeführt wird. Offenbar ist die persönliche Erniedrigung ein Teil der Maßnahme: Der 62-Jährige durfte sich offenbar nicht einmal einkleiden, die Häscher des Regimes nahmen ihn im Pyjama mit. In diesem Aufzug dürften sie ihn auch verhört haben.

Skeptiker behielten Recht

López und Ledezma gehören zu jenen Oppositionsführern, die seit dem Jahr 2014 verfolgt werden. López hatte, verurteilt zu fast 14 Jahren Haft, mehr als drei Jahre im Militärgefängnis von Ramo Verde eingesessen, ehe er 8. Juli in den Hausarrest überstellt wurde. Der oberste Gerichtshof hatte Verfahrensfehler im Prozess erkannt. Diese Maßnahme hatten viele – im In- und Ausland – als Hoffnungssignal für ein Einlenken Maduros gewertet. Doch die Skeptiker sollten Recht behalten.

López' Heimholung war offenbar schiere Taktik, um die Protestwelle vor dem Urnengang zu zähmen. Allerdings tat die Opposition Maduro den Gefallen nicht und marschierte weiter. Zugleich radikalisierten sich Gruppen aus zumeist sehr jungen Protestierenden und gingen mit Steinen, Molotowcocktails und Feuerwerkskörpern gegen die Panzerwagen der Polizei und Nationalgarde vor. Zuletzt kamen gar Schusswaffen zum Einsatz. Am Wahltag registrierte die Opposition 15 Tote, welche die Regierung jedoch alle als Opfer gewöhnlicher Kriminalität klassifizierte.

Noch in der Wahlnacht kündigte Maduro weitere Festnahmen an: „Einige werden in Zellen wandern und andere in die Psychiatrie.“ Der Furor des Präsidenten richtet sich vor allem gegen seinen früheren Gegenkandidaten Henrique Capriles, dessen Pass vor zwei Monaten eingezogen wurde, dessen Parteifreund und Parlamentspräsidenten Julio Borges sowie die abtrünnige Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz. Am häufigsten hatte der Präsident den Vizepräsidenten der Nationalversammlung Freddy Guevara bedroht. Der 31-jährige Journalist war in den den letzten Jahren der Sprecher von López und dessen Partei „Voluntad Popular“.

„Kraft und Gottvertrauen“

Nachdem inoffiziell bekannt wurde, dass López und Ledezma erneut in das Militärgefängnis Ramo Verde gebracht wurden, erklärte Guevara: „Der Diktatur läuft die Uhr ab. Verhaftungen und Verfolgungen der Oppositionsführer werden die Rebellion nicht aufhalten. Wir sind ein Volk!“ Die erneute Inhaftierung von López und Ledezma solle den Widerstand der Regierunsgegner schwächen, aber „demoralisiert und ängstlich sind die anderen nach ihrem Betrug, dem Volksaufstand und dem Versagen am 30. Juli. Nicht wir. Kraft und Gottvertrauen!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2017)

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