Robert Mueller setzt eine Grand Jury ein. Die Ermittler dürften damit genug Beweismaterial gegen Verdächtige in der Hand haben. Der US-Präsident nennt die Affäre eine "totale Erfindung".
Die Untersuchung des US-Sonderermittlers Robert Mueller zur Russland-Affäre rund um Präsident Donald Trump hat offenbar an Fahrt gewonnen. Das "Wall Street Journal" berichtete am Donnerstag, Mueller habe inzwischen eine sogenannte Grand Jury einsetzen lassen. Dabei handelt es sich um ein geheim tagendes Geschworenengericht.
Es ist befugt, Beweismaterial einzuholen, Zeugen unter Eid zu vernehmen und Anklagen zu erheben. Die Grand Jury mit Sitz in Washington habe ihre Arbeit schon vor einigen Wochen aufgenommen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Insider. Das Blatt bewertete dies als Zeichen dafür, dass Muellers Untersuchung "an Intensität gewinnt und in eine neue Phase eintritt".
"Bedeutsame Eskalation"
Die Einsetzung eines solchen aus bis zu 23 Mitgliedern bestehenden Geschworenengerichts stelle eine "bedeutsame Eskalation" dar, sagte auch der auf Themen der nationalen Sicherheit spezialisierte Rechtsanwalt Bradley Moss der Nachrichtenagentur AFP. Eine Grand Jury werde nicht einberufen, wenn die Ermittler nicht der Ansicht seien, "genügend Beweismaterial für den Verstoß gegen mindestens eine, wenn nicht mehrere Strafnormen" in der Hand zu haben.
Mueller war im Mai von dem stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein eingesetzt worden, um die mutmaßlichen russischen Hackerangriffe zugunsten Trumps im Wahlkampf sowie die mögliche Verwicklung von Trump-Mitarbeitern in die russischen Interventionen zu untersuchen.
Nach Informationen von CNN konzentrieren sich Muellers Ermittlungen inzwischen immer mehr auf die möglichen finanziellen Verbindungen von Trump und seinem Umfeld nach Russland. Dies könnte ein "konkreterer Pfad" sein als der schwerer zu durchleuchtende Bereich, ob es womöglich illegale Absprachen zwischen der Trump-Kampagne und russischen Regierungsvertretern gab, zitierte der US-Fernsehsender aus Insiderkreisen.
Trump: "Russland-Geschichte ist totale Erfindung"
Trumps privater Rechtsanwalt Ty Cobb sagte, der Präsident habe keine Kenntnis von der Einberufung einer Grand Jury. Er versicherte, das Weiße Haus sei zur "vollständigen Kooperation" mit dem Sonderermittler bereit.
Trump selbst warf den den Demokraten am Donnerstag vor, die Russland-Affäre politisch zu instrumentalisieren. "Die Russland-Geschichte ist eine totale Erfindung", sagte Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) bei einer Rede vor Anhängern im Bundesstaat West Virginia. Sie sei nicht mehr als eine Ausrede für "die größte Niederlage in der Geschichte der amerikanischen Politik".
"Es gab keine Russen in unserem Wahlkampfteam, das war niemals der Fall. Wir haben nicht wegen Russland gewonnen, wir haben wegen euch gewonnen", erklärte der Präsident. Für diese und andere Bemerkungen erntete er während der wahlkampfartigen Veranstaltung in Huntington begeisterte Zurufe.
US-Kongress will Mueller vor Entlassung schützen
Im US-Kongress wurde unterdessen eine überparteiliche Gesetzesinitiative lanciert, um den Sonderermittler vor einer möglichen Entlassung durch die Regierung zu schützen. Der von dem Senatoren Chris Coons von den oppositionellen Demokraten und dem Republikaner Thom Tillis eingebrachte Gesetzentwurf sieht vor, dass Mueller seinen Rauswurf vor Gericht anfechten könnte.
Die Sorgen, dass Trump gegen Mueller vorgehen könnte, werden unter anderem durch seinen Umgang mit dem früheren FBI-Chef James Comey geschürt. Der Präsident hatte Comey völlig überraschend im Mai gefeuert und dies unter anderem mit den Ermittlungen der Bundespolizei zur Russland-Affäre begründet.
Trump könnte Mueller nicht aus eigener Vollmacht feuern, sondern müsste sich dafür an das Justizministerium wenden. Der Sonderermittler untersteht dem Ministerium und kann auch nur von dessen Leitung entlassen werden.
Vize-Minister wäre für Mueller zuständig
Allgemein wird davon ausgegangen, dass Rosenstein sich einer solchen Aufforderung durch den Präsidenten widersetzen würde. Der Vizeminister hat die Oberaufsicht über den Sonderermittler, da sich Ressortchef Jeff Sessions wegen seiner früheren Tätigkeit als Wahlkampfberater Trumps für befangen erklärt und damit aus den Russland-Ermittlungen zurückgezogen hatte.
Eine Serie beispielloser öffentlicher Attacken des Präsidenten gegen Sessions wegen dessen Befangenheitserklärung hat zuletzt jedoch Spekulationen wuchern lassen, dass der Präsident auf die Ablösung des Justizministers hinarbeiten könnte. Sein Kalkül könnte laut diesen Mutmaßungen sein, einen neuen Ressortchef zu installieren, der nicht befangen wäre - und seinen Wunsch erfüllen würde, den Sonderermittler zu entlassen.
(APA/AFP)