Zeitung: Drogeriekette Rossmann bricht Widerstand gegen Amazon

Rossmann Filiale gesehen am 20 06 2016 in Hannover
Rossmann Filiale gesehen am 20 06 2016 in Hannover(c) imago/Rust (imago stock&people)
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Die Allianz der deutschen Händler gegen den Onlineriesen bekommt Risse. Rossmann-Artikel sollen bald von Amazon zugestellt werden. Vor genau so einer Kooperation haben auch Österreichs Händler Angst.

"Amazon und Rossmann verbünden sich", schrieb die deutsche "Lebensmittel Zeitung" am Freitag. Die Reaktionen fielen mehr als bescheiden aus. Dabei hatte das Branchenmagazin, so die Informationen seiner zitierten "gut informierten Kreise" stimmen, gerade den Dammbruch im deutschen Einzelhandel publik gemacht: Dem US-Onlineriesen gelänge zum ersten Mal eine Allianz mit einem der führenden Einzelhändler Deutschlands, die dem Seattler Allesverkäufer bisher skeptisch bis abwehrend gegenüberstanden.

Deutschlands zweitgrößter Drogeriekonzern aus Niedersachsen soll zunächst mit einem Viertel seines Sortiments von 17.000 Artikeln bei Amazons Schnell-Lieferservice Prime Now in Berlin einsteigen. Erweist sich der Pilotversuch in der Hauptstadt als Erfolg, soll die Kooperation auch in München anlaufen. Laut der "Lebensmittel Zeitung" arbeiteten der norddeutsche und der US-Konzern schon seit Monaten an dem Bündnis, hätten aber Stillschweigen vereinbart. Rossmann wollte sich zu dem Bericht auf Nachfragen nicht äußern.

Laut dem Bericht hatte Amazon zwar vor Jahren schon mit dem deutschen Drogeriemarktführer und Rossmann-Rivalen DM kooperiert. Die Kooperation sei aber bei Weitem nicht so umfassend gewesen. Und mangels Erfolg sei das Projekt schnell wieder versandet. In diesem Fall sind die Karten neu gemischt: Rossmann soll auf der Seite des Onlinehändlers als selbstständiger Verkäufer auftreten und die Preise sowie sein Sortiment bestimmen können. Amazon werde die Logistik und die Onlineplattform stellen. Kommissioniert wird in der Drogeriefiliale, geliefert wird dann wiederum von Amazon.

"Der Durchbruch wäre, wenn Amazon Hofer übernimmt"

Der Wiener Handelsprofessor Peter Schnedlitz warnte vor einiger Zeit in einem Interview mit der "Presse" vor einem ähnlichen Szenario - nur ging es um die noch diffizilere Zustellung frischer Lebensmittel. Amazon schreibt mit seinem Dienst Amazon Fresh Verluste und habe selbst keine bessere Lösung als die Supermärkte, um Lebensmittel frisch, schnell und ohne horrende Ausgaben zu den Kunden zu bringen, so Schnedlitz. "Der Durchbruch hierzulande wäre es, wenn Amazon eine Kette wie Rewe oder Hofer übernimmt." Dann könnte es für die anderen wirklich gefährlich werden. Schnedlitz: "Die Knochenarbeit macht der Händler. Amazon will sich mit der Ware nicht anpatzen, sondern 15 Prozent Vermittlungsprovision kassieren."

Die Antwort, warum die Drogeriekette unter Raoul Roßmann, dem 31-jährigen Sohn des Firmengründers und heutigen Online-, Einkaufs- und Marketingchef, aus der Allianz der traditionellen Händler ausschert und die "Knochenarbeit" für Amazon übernimmt, ist laut "Lebensmittel Zeitung" einfach: Die Niedersachsen erwarten sich, dass die schnelle Zustellung mit dem Amazon-Expressdienst ihr Onlinegeschäft beflügelt. Das wuchs zuletzt laut Roßmann um sieben Prozent auf 28 Millionen Euro. Damit bringt der seit Langem betriebener Onlineshop nur einen Bruchteil der Konzernerlöse von 8,4 Milliarden Euro ein.

(loan/ag.)

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