Ungarn: George Soros bedauert Spekulation

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Soros(c) REUTERS (CHIP EAST)
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Der Soros-Fonds hat gegen die OTP-Bank spekuliert - und will die Geldstrafe zurück. Er persönlich hätte "keinen Deal auf den Kursverlust der OTP-Aktien geschlossen", versicherte Soros.

BUDAPEST/WIEn. George Soros hat ein Verhältnis zu Ostmitteleuropa im Allgemeinen und seiner einstigen Heimat Ungarn im Speziellen, das von Kritikern als schizophren bezeichnet wird: Da pumpt er Millionen in Stiftungen und Bildungseinrichtungen wie die „Mitteleuropäische Universität“, und dann spekuliert er ohne Rücksicht auf Verluste gegen dortige Unternehmen oder auch Währungen.

Dieses Gesicht zeigte der US-Milliardär am 9. Oktober 2008. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Es könnte auch sein, dass die Fratze vom Soros Fund Management missbraucht wurde. Denn Soros hatte zu jenem Zeitpunkt schon die offizielle Kontrolle über den Fonds abgegeben.

An jenem Tag hatte der Soros-Fonds einen komplexen Angriff auf die einstige Landessparkasse OTP, Ungarns größte Bank, gestartet. Er lieh sich 390.000 Aktien und warf diese in den Schlusshandel der Budapester Börse, was einen Kurssturz verursachte.

OTP-Kurs blieb im Keller

Die Aktion hatte zwei nachhaltige Folgen. Zum einen wurde der zuvor zwischen 6000 und 7500 Forint schwankende OTP-Kurs in den Keller geschickt – insgesamt verlor die Aktie an jenem Tag 29 Prozent an Wert. Wochenlang kam sie nicht über die 3000-Forint-Marke und hat bis heute das damalige Niveau nicht erreicht.

Die zweite Folge war ein fetter Gewinn für den Soros-Fonds, der auf den OTP-Kursverlust spekuliert und tags darauf den Deal mit 390.000 geliehenen Aktien abgeschlossen hatte: 675.000 Dollar hätten die Amerikaner verdient, errechnete die ungarische Finanzmarktaufsicht PSZÁF. Und verdonnerte den Soros-Fonds nach einer monatelangen Untersuchung im März zur vierfachen Strafe von 489 Millionen Forint (1,8 Millionen Euro).

Da meldete sich Soros mit einem wohlformulierten Kommuniqué zu Wort, um den Vorwurf zu entkräften, sein Geburtsland geschädigt zu haben. „Ich habe mich im Vorjahr zurückgezogen“, beteuerte er, „und steuere ausschließlich die Geschäftsabschlüsse auf meine eigene Rechnung, überwache aber nicht die Handelsaktivität der Firma.“ Er persönlich hätte „keinen Deal auf den Kursverlust der OTP-Aktien geschlossen“, versicherte Soros. Seine Vorschläge der jüngsten Zeit bewiesen, dass er einen „wirksameren Schutz der Banksysteme der aufstrebenden Märkte als bisher für wichtig halte“.

„...schmerzt mich besonders“

Obwohl er die Kontrolle abgegeben hat, sagte Soros zu, der Fonds werde „entsprechende Maßnahmen setzen“. Und er fügte hinzu: „Wegen meiner persönlichen Beziehung zu Ungarn schmerzt mich das Geschehene besonders – auch dann, wenn der Dealer der Firma die geltenden ungarischen Vorschriften nicht verletzt hat.“

Doch, das hat er, stellte die PSZÁF fest. Und zwar jene Vorschriften, die Marktbeeinflussung verbieten.

Der Fonds zahlte – und klagte.

Das Budapester Hauptstadtgericht wird diese Woche Recht sprechen. Ganz genau wird die Öffentlichkeit den Hergang des Urteils nicht nachvollziehen können. Denn das Verfahren wurde am vergangenen Donnerstag nach dreistündiger Dauer vertagt und wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt. Die PSZÁF hat die Maßnahme beantragt, um die „Wertpapiergeheimnisse“ von Personen zu schützen, die im Prozess nicht involviert sind.

Die OTP-Bank als Opfer des Angriffs schweigt beharrlich. Ihr Chef Sándor Csányi hat schon vor Monaten erklärt, keine Forderungen an den Soros-Fonds zu haben. Zugleich forderte er aber Kleinanleger auf, Schadenersatzklagen zu erwägen, vor allem dann, wenn sie OTP-Aktien auf Kredit gekauft und nach dem Kursverfall zusätzliche Besicherungen aufzutreiben hatten. Und nur ganz leise fügte Csányi hinzu, dass die Bank Strafanzeige gegen den Soros-Fonds erstattet habe.

Wie immer das Verfahren ausgeht – der Soros-Fonds kann die Strafe verschmerzen, die OTP-Bank hat dauerhaft den Schaden. Ob das Soros auch so sieht?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2009)

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