Griechenland

Mykonos: Von wegen immer Party

Die Unesco-Weltkulturerbe-Stätte Delos
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Tatsächlich, es gibt sie: Mykonos' ursprünglichere Seite kann man im Kajak, per Fahrrad oder beim Kochkurs entdecken.

Um acht Uhr früh gehört das Gassenlabyrinth von Chora noch den Einheimischen. Ein Gedränge wie Stunden später, wenn die Urlauber wieder wach sind und Kreuzfahrer einfallen, die täglich in Mykonos anlegen. Auf dem winzigen Fischmarkt liegt der frische Fang in der Auslage. Alte Griechen tauschen die ersten Neuigkeiten aus. Und in den Restaurants und Geschäften bereitet man sich ganz allmählich aufs Öffnen vor. Die sechs Windmühlen, Wahrzeichen von Mykonos, hat man morgens ebenso für sich allein wie die berühmte Panagia Paraportiani, ein eigenwilliges Bauwerk, das ursprünglich nur eine einzelne Kirche war, der über die Jahrhunderte weitere hinzugefügt wurden. „Hier ist sie Wind und Wetter ausgesetzt“, erklärt Antonis Pothitos bei der Frühaufstehertour: „Daher gibt es fast keine gerade Linie.“

Sich in dem weiß getünchten Gassenknäuel zu verirren ist kein Kunststück. „Kein Haus sticht heraus, alle sehen ähnlich aus. Das war so gedacht, um die Piraten bei ihren Überfällen zu verwirren“, sagt Antonis. Der letzte echte Pirat starb vor weit mehr als 100 Jahren. In den 1920ern kam das erste Kreuzfahrtschiff nach Mykonos. In den 1950ern gab es einen Boom durch Prominente wie Maria Callas. Der Grund, warum diese einst sehr arme Kykladeninsel so berühmt geworden ist? Anfangs wegen der spektakulären antiken Ausgrabungen auf der Nachbarinsel Delos. „Mykonos war der nächstgelegene Hafen, in dem man essen und übernachten konnte.“ Seitdem kamen mehr und mehr, von denen die meisten heute über Chora und die Küstenorte im Süden kaum hinauskommen, wo alles auf große Kapazitäten und Party eingestellt ist.

Die natürlichere Seite findet man etwa in Ano Mera im Inselinneren. Ein paar andere Urlauber trifft man zwar in den Lokalen und im fast 500 Jahre alten Tourliani-Kloster mit seiner prächtigen Ikonostase. Ein Alltagsleben ist hier trotzdem sichtbarer als an vielen anderen Orten. Noch ruhiger wird's bei der Radtour mit Dimitra, die bei Ano Mera auf dem Familienweingut startet. Das Ziel: der abgelegene Fokos-Strand im Osten. Die Tour führt ein paar Kilometer auf der leicht hügeligen, kaum befahrenen Straße und wird nur unterbrochen, als sich alle in eine kleine Kirche zwängen. „Ungefähr 800 sind über die Insel verstreut, viele davon sind privat. Die Familien der Fischer und Seeleute haben sie gebaut“, erklärt Dimitra, die durch die Krise in Athen ihren Job verloren hat und nun in ihrer Heimat mit Yummy Pedals den Neustart wagt.

Es ist eine gemütliche Radelei trotz Sonne, weil mit Aussicht auf Abkühlung. Nur noch ein paar Kurven, vorbei am Stausee, einen Berg hinunter, die letzten Meter schieben – da liegt sie: die Bucht mit dem breiten Fokos Beach, feinem Sand, glasklarem Wasser. „Vor allem bei Einheimischen sehr beliebt“, sagt Dimitra. „Morgens aber hat man den Strand oft für sich.“ Nach der Badepause endet die Radtour auf dem Weingut so, wie der Kochkurs nahe Ano Mera bei Teta Fragedaki beginnt: mit gemeinsamem Anstoßen. Zur Begrüßung wird erst einmal allen Raki eingeschenkt. Jamas! Dann wird Greek Delight mit feinem Rosenaroma herumgereicht – um das lange, gesunde Leben noch etwas süßer zu machen. Locker werden die Ärmel hochgekrempelt. Zumindest ein bisschen. Denn zusammen mit den anderen Gästen soll in Tetas Küche nun mitgekocht werden. „Man soll sich wie zu Hause bei einer griechischen Familie fühlen“, sagt sie, als das Menü langsam Form annimmt. Typische Gerichte gibt es auf Mykonos kaum, dafür aber einige Produkte.

Inselwein, Küchenklassiker

In ihrer Kochstunde lässt Teta etwa den intensiven Kopanistikäse herumgehen. Der Wein, den sie einschenkt, ist selbst gemacht. Sonst werden Klassiker der griechischen Küche gekocht – so zusammengestellt, dass man die Zutaten nach dem Urlaub überall bekommt, etwa für Paprika und Tomaten mit Reis-Zucchini-Füllung. Der Salat mit Roten Rüben ist schnell zubereitet. Etwas Feingefühl braucht man für den Blätterteig der Spinat-Pie mit frischem Spinat und Feta. Dazu Zaziki und ein Bauernsalat mit Kapern. Schließlich sitzen alle um den Holztisch. Dabei wird viel gelacht, unvermeidlich auch über die Krise diskutiert. Zum Schluss bringt Teta einen Topf mit Juvetsi: Reisnudeln mit Rindfleisch, vorab fertig gekocht. „Gut?“, fragt sie. „Ja, sehr gut!“

Zeit, sich wieder zu bewegen: An der fjordähnlichen Panormos-Bucht im Norden haben Jo und Konstantinos Siopirou von Mykonos Kayak am Agios-Sostis-Strand ihren Standort für Paddeltouren. Er ist breit, schön, ohne Schirmarmada und gerade völlig menschenleer. Nur die Kajaks liegen auf dem Sand bereit, um gleich loszupaddeln. Zunächst die Küste entlang, die mit wenigen der typisch weiß getünchten Kykladenwohnkuben bebaut ist. Hin und wieder halb fertige Bauskelette auf den Felsen. „Die gesamte Bucht wurde unter Schutz gestellt“, erzählt Jo. „Hier darf jetzt nichts mehr bebaut werden.“ Bald schon gibt es an der Küste gar keine Häuser mehr. Stattdessen: raue, karge Landschaft, eine Höhle, ein natürlicher Tunnel und ein Felsen, der aussieht wie ein Drache. „Hier war es schon immer nur dünn besiedelt,“ erklärt Jo. „Strom haben wir erst vor 25 Jahren bekommen.“ Doch sie mag die Abgeschiedenheit dieser Gegend im Norden, in einer Art Zeitkapsel: „Hier gibt es noch das alte, traditionelle Mykonos, das in anderen Teilen der Insel längst verloren gegangen ist.“

INSELINFO

Hotels: Leto an der Hafenpromenade in Mykonos-Stadt, mit dem Natura-Restaurant eine der Topadressen, www.letohotel.com. Albatros Club Mykonos, ruhiger Blick über die Panormosbucht, www.albatrosclubmykonos.com.

Touren: Mykonos Kayak: www.myko- noskayak.com. Radtouren mit Dimitra: www.yummypedals.gr.

Kochstunden:www.mykonianspiti.com.

Tipp: Privattouren durch Mykonos-Stadt oder zur

Unesco-Weltkulturerbe-Stätte Delos: www.delosguide.com.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 5.8.2017)

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