Mitten in der Nordkorea-Krise nähert sich die US-Marine bis auf wenige Kilometer Inseln, die Peking beansprucht. China protestiert scharf gegen das Manöver.
Wien/Washington. Die zornigen Verbalattacken zwischen US-Präsident Donald Trump und Pjöngjang waren noch kaum verklungen, als die US-Marine am Donnerstag den nordkoreanischen Verbündeten China herausforderte. Washington entsandte einen Zerstörer in das Südchinesische Meer. Die USS John S. McCain näherte sich dem Mischief-Riff in den Spratly-Inseln – einer Kette kleiner Inseln und Felsformationen, die China, die Philippinen, Vietnam und Malaysia beanspruchen – auf etwa 22 Kilometer.
Trump versucht, Peking zu einem härteren Vorgehen gegen Nordkorea zu drängen – und macht auch in den umstrittenen Gewässern in Chinas südlichem Vorhof Druck: Es ist bereits die dritte sogenannte „Freiheit der Schifffahrt“-Operation seit seinem Amtsantritt.
China protestierte scharf gegen das Manöver: Der Zerstörer sei illegal in chinesisches Seegebiet eingedrungen. "Ein solches Vorgehen untergräbt ernsthaft Chinas Souveränität und Sicherheit und gefährdet das Personal beider Seiten an der Frontlinie." Die USA aber betonen, sich bei ihren Manövern stets an internationales Recht zu halten. Das amerikanische Militär will damit demonstrieren, dass es überall dort, wo es völkerrechtlich erlaubt sei, mit Schiffen fahre und mit Flugzeugen fliege.
Japan lockt mit Militärdiplomatie
Experten werfen Trumps Amtsvorgänger Barack Obama vor, Konflikten in den für Peking militärstrategisch und wirtschaftlich wichtigen Gewässern aus dem Weg gegangen zu sein. Damit habe Washington China erlaubt, seine Territorialansprüche unbehelligt zu verfestigen. Obwohl Trump die Marineeinsätze wieder hochfahre, sei es schon zu spät, meint der US-Sinologe Bill Bishop. Das Südchinesische Meer sei bereits ein „Teich der Volksrepublik“ geworden.
Auch unter den Anrainerstaaten regt sich Widerstand – vor allem in Vietnam. So sucht Hanoi immer engere Beziehungen zu den USA, Japan und Indien. Erstmals seit Ende des Vietnam-Kriegs 1975 wird ein US-Flugzeugträger 2018 halt beim Ex-Erzfeind machen. Selbst Tokio verlässt sich lang nicht mehr nur auf Washington, sondern setzt auf Militärdiplomatie: Japans Armee beliefert die philippinischen Luftstreitkräfte mit Tausenden Helikopterteilen. Zudem sind Kampfjet-Deals mit Malaysia und Vietnam im Gespräch.
Doch China schläft nicht: Es stärkt seine Position nicht nur durch den Ausbau der beanspruchten Riffe zu künstlichen Inseln. Es lässt auch das Geld sprechen. Als Teil der Seidenstraßeninitiative steckt Peking etwa elf Milliarden Euro in ein Eisenbahnprojekt in Malaysia, das das Südchinesische Meer mit der Straße von Malakka verbinden wird – und streckt seine Fühler damit bis zur wichtigen Handelsroute aus. (maka)
("Die Presse"-Printausgabe, 11.8.2017)