Nobelpreis für Elfriede Jelinek

Nobelpreis für Elfriede Jelinek
Nobelpreis für Elfriede Jelinek(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Oktober 2004. Überraschende Wahl der Nobelpreis-Jury: Die weltweit wichtigste Auszeichnung für Literaten geht 2004 an die Österreicherin Elfriede Jelinek. Die Reaktionen sind gemischt.

Die österreichische Autorin Elfriede Jelinek wird mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet. Die Schriftstellerin werde für "den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen," geehrt, heißt es in der Begründung der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Jelineks Sprachfluss enthülle "mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees".

Die Entscheidung der Jury kam überraschend: Im Vorfeld wurde darüber spekuliert, dass wohl eine Frau den Preis bekommen werden, als Favoritinnen galten aber die Kanadierin Margaret Atwood und die US-Autorin Joyce Carol Oates.

"Mehr Verzweiflung als Freude"

"Natürlich freue ich mich auch, da hat es keinen Sinn zu heucheln, aber ich verspüre eigentlich mehr Verzweiflung als Freude", sagt die Schriftstellerin nach der Bekanntgabe. "Ich eigne mich nicht dafür, als Person an die Öffentlichkeit gezerrt zu werden. Da fühle ich mich bedroht."

Begeistert zeigen sich Künstlerkollegen: Für Peter Handke ist Jelinek "eine Schriftstellerin von heute - wie sonst fast niemand." Robert Menasse hält den Nobelpreis für einen "Sieg der Literatur über die Geistlosigkeit in der Heimat", in der sie immer als "Vaterlandsverräterin" beschimpft worden ist. In den Feuilletons Deutschlands und der Schweiz wird die Kür Jelineks als "Paukenschlag" (Frankfurter Rundschau), "Sensation" (Tagesspiegel) oder eine "phantastische Entscheidung" (Frankfurter Allgemeine Zeitung) bezeichnet, während die "Bild"-Zeitung die Autorin als "obszöne Frau Jelinek" bezeichnete. Sie sei kaum bekannt, bemängeln etwa Zeitungen aus den USA. Die Politik reagiert teils zurückhaltend: Bundespräsident Heinz Fischer gratulierte, der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider schickte explizit "keine Gratulation".

Erste Preisträgerin aus Österreich

An der Nobelpreis-Verleihung selbst nimmt die Autorin nicht teil: Ihre Rede wird per Videobotschaft übertragen. Jelinek ist die erste Literatur-Nobelpreisträgerin aus Österreich. Elias Canetti, der 1981 ausgezeichnet wurde, lebte zwar in Wien, zählt aber als britischer Preisträger.

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(Ag./her)

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