Brandstetter will bei Wahl nicht als Abgeordneter kandidieren

APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Justizminister würde sein Amt auch nach der Wahl behalten wollen. Es gäbe noch viel zu tun, meint der ÖVP-Vizekanzler. Er sieht die Große Koalition gescheitert.

Justizminister und Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) kandidiert nicht bei der Nationalratswahl - kann sich aber gut vorstellen, danach weiter Justizminister zu bleiben. Es gebe viele Vorhaben, die er noch gern verwirklichen würde - etwa die Reform des Maßnahmenvollzugs -, also würde er durchaus "gerne weitermachen", sagte Brandstetter im APA-Interview.

Über Details wollte Brandstetter nicht reden - also ob er zum Beispiel Justizminister in einer schwarz-blauen Regierung sein wollte. Es sei schon "ungehörig, über Ministerämter zu spekulieren " - und daher "unseriös, jetzt zu überlegen, in welcher Konstellation ich meine Vorstellungen umsetzen könnte". Die Große Koalition habe er immer als Reformpartnerschaft gesehen, die aber letztlich gescheitert sei. Es gebe "Ansätze der Austrosklerose", viele bürokratische und kompetenzrechtliche Schranken, die Reformen behindern. Also brauche es "frischen Wind, eine neue Möglichkeit, etwas umzusetzen und verkrustete Strukturen zu überwinden ".

Es sei jedenfalls schon einmal gut, wenn "viele neue Gesichter ins Parlament kommen", begrüßte Brandstetter, dass Parteichef Sebastian Kurz die Bundesliste weitgehend mit Quereinsteigern besetzt. Für ihn selbst würde es "wenig Sinn machen, noch eine neue Karriere im Parlament zu starten", sieht sich der 59-jährige Niederösterreicher nicht in der Funktion des Abgeordneten.

Brandstetter kann sich völlige Rückkehr an WU vorstellen

Er könne seine Erfahrungen und Kenntnisse am ehesten im Justizressort "so einsetzen, dass es hilfreich ist" - und andernfalls jederzeit in seinen Beruf (Ordinarius für Wirtschaftsstrafrecht an der WU Wien) zurückkehren. Und das "Gebot der Ehrlichkeit gegenüber den Wählern" verlange doch eigentlich, "dass man wirklich ins Parlament will, wenn man kandidiert".

Als Justizminister freilich "gäbe es noch viel zu tun. Wenn ich die Möglichkeit dazu hätte, dann tu ich es gerne." Was er gerne noch verwirklichen würde, will Brandstetter im September präsentieren - "damit man weiß, woran man mit mir ist".

Darunter ist auch sein Vorschlag zu Strafverschärfungen bei Gewaltdelikten. Um einen solchen hat ihn auch Kurz gebeten - hält dieser doch die Strafsätze für Gewaltdelikte für zu gering. Brandstetter kann, bekräftigte er, diesem Gedanken einiges abgewinnen. Er habe es immer kritisch gesehen, dass "wir bei der großen Strafrechtsreform möglicherweise nicht weit genug gegangen sind". Die Auswirkungen der 2016 in Kraft getretenen Reform werden gerade evaluiert. Was Brandstetter jedenfalls für sinnvoll hält ist ein Ausbau des Opferschutzes. Menschen mehr zu helfen, die durch eine Gewalttat schwer traumatisiert wurden, "würde die Situation verbessern".

Sicherheitspaket noch vor der Wahl

Auch vor der Wahl will der Vizekanzler noch einiges erledigen: Etwa die Umsetzung der Richtlinie zum Vergaberecht, die Abschaffung des Kumulationsprinzips bei Verwaltungsstrafen und eine kleinere Privatstiftungs-Reform könnte die SP-VP-Koalition noch erledigen. Außerdem drängte der Justizminister einmal mehr auf Umsetzung des Sicherheitspakets.

Das sei ein "schwieriges und heikles Thema", räumt der Minister ein - konkret sein Vorschlag für die Überwachung von Internet-Telefonie und Messengerdiensten wie WhatsApp und Skype. In der Begutachtung - die noch bis 21. August läuft - gab es viel Kritik und angesichts massiver Rechts- und Datenschutzbedenken zeigte sich auch der Koalitionspartner nicht mehr bereit zuzustimmen. Er sei, versicherte Brandstetter, "gesprächsbereit" - man könne über "noch mehr" rechtsstaatliche Absicherung reden oder auch eventuell über einen engeren Kreis von Straftaten, bei denen die neue Überwachung infrage kommt.

"Keine Alternative" gebe es aber zur Vorgangsweise. Die vorgeschlagene Software - die eingeschleust werden muss - sei derzeit die einzige Möglichkeit, Skype oder WhatsApp zu überwachen. Die Provider selbst könnten dies nicht, seien die Nachrichten doch in den Geräten verschlüsselt. Und in seinem Entwurf sei, so Brandstetter, staatsanwaltliche und gerichtliche Genehmigung sowie eine Befristung der Regelung auf fünf Jahre vorgesehen. Anders als in Deutschland sei es nicht geplant, auch die Festplatte auszulesen, trat Brandstetter der Kritik entgegen, es handle sich doch um einen "Bundestrojaner".

(APA)

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