Der Staatspräsident verlangt erneut sein Mitspracherecht und verweigert die Beförderung von Generälen. Die nationalkonservative Regierung will – zumindest nach außen – aber von einem Streit mit Duda nichts wissen.
Danzig/Warschau. Solche starken Worte hat noch keiner in der polnischen Regierung von Andrzej Duda vernommen. Und schon gar nicht öffentlich. „Dies ist die Armee Polens, das ist keine Privatarmee“, schleuderte der Staatspräsident bei einer Rede zum Tag der Polnischen Armee Verteidigungsminister Antoni Macierewicz entgegen. Mit besorgtem Blick genau zwischen den beiden war auf der Ehrentribüne Ministerpräsidentin Beata Szydło zu sehen. Und um sie herum standen weitere Regierungspolitiker sowie die Armeeführung.
Zusammen nahm man danach die bisher größte Militärparade der vergangenen Jahre in Warschau ab. Duda hatte zuvor den versammelten Generälen einen Modernisierungsschub und jährlich anwachsende Verteidigungsausgaben bis 2030 versprochen. Auch die seit dem Rechtsruck in Angriff genommene Armeereform unterstützte der aus dem Lager der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) stammende Staatspräsident in seiner Rede. Allerdings müsse diese ruhig und in politischer Einigkeit vonstattengehen. Gleich mehrmals flocht er in seiner Rede ein, dass er und niemand anders der Oberbefehlshaber des Heeres sei.
Offiziere ohne Erfahrung
Einzig der Hinweis darauf, dass das Heer der polnischen Verfassung verpflichtet sei, fehlte in Dudas Kampfesrede, die von den politischen Beobachtern gespannt erwartet worden war, nachdem Duda Ende Juli überraschend zweimal das Veto gegen eine verfassungswidrige Justizreform der Regierung erhoben hatte. Denn bisher hatte Duda anderthalb Jahre lang alle Wünsche des Regierungsparteichefs Jarosław Kaczyński und dessen handverlesener PiS-Regierung erfüllt.
Offen aufgebrochen ist nun auch der Konflikt mit Verteidigungsminister Macierewicz, einem alten Mitkämpfer Kaczyńskis. Auch Macierewicz hatte sofort nach der PiS-Machtübernahme mit Säuberungen in der Armee begonnen. Die meisten höheren Offiziere, die in der Zeit der liberalen Vorgängerregierung avancierten, sind inzwischen entlassen worden. Dabei wurden sie von dem Lateinamerika-Historiker Macierewicz oft mit Herablassung in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. An ihre Stelle beförderte der Verteidigungsminister im Schnelldurchlauf neue Generäle, oft Offiziere ohne entsprechende Führungserfahrung. Insidern zufolge gärt es seitdem in der Armee.
Auch Macierewiczs Idee, eine neue Truppe, die sogenannte Territorialverteidigung basierend auf Zivilisten, aufzubauen, hat viele im polnischen Berufsheer verunsichert. Dazu soll nun auch die Organisationsstruktur der Heeresleitung reformiert werden. Gegen diese letzte Reform, die wohl neue Säuberungen nach sich ziehen wird, hat sich Duda erhoben. Am Dienstag verweigerte er die Beförderung von 46 neuen Generälen, die Macierewicz ausgesucht hatte. Wie bei seinem Veto gegen die PiS-Justizreform verlangt der Staatspräsident damit sein Mitspracherecht. Dieses steht ihm laut Verfassung als Oberbefehlshaber des Heeres zu. Allerdings hat sich Duda in Armeefragen von Verteidigungsminister Macierewicz seit der Machtübernahme der PiS völlig an den Rand drängen lassen. Das Verteidigungsministerium überging in den letzten Monaten den Präsidentenpalast in geradezu arroganter Weise.
Während sich Kaczyński in dem Kompetenzstreit auffallend zurückhält, macht die Regierung gute Miene zum bösen Spiel. Es gäbe keinen Streit zwischen ihm und Duda, er erwarte, dass die Beförderungen bald geregelt seien, kommentierte Macierewicz am Vortag der Militärparade. Sie erwarte von beiden Seiten eine kooperative Haltung, sagte derweil Ministerpräsidentin Szydło.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2017)