Moser und Engelberg auf Kurz-Liste

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Sebastian Kurz sendet mit seinen Quereinsteigern auf der Bundesliste Signale in mehrere Richtungen aus.

Wien. ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat seine aus Quereinsteigern gebildete Bundesliste fertig. Zum Abschluss präsentierte er am Donnerstag zwei Kandidaten, die unterschiedliche Wählerschichten ansprechen. Auf der einen Seite den ursprünglich aus der FPÖ kommenden früheren Rechnungshof-Präsidenten Josef Moser. Auf der anderen Seite als Signal an liberale Wählerschichten Martin Engelberg, Psychotherapeut, Consulter und Funktionär der israelitischen Kultusgemeinde.

Engelberg beendet mit seiner Kandidatur auch seine Tätigkeit als Gastautor der „Presse“, er verfasste eine wöchentliche Kolumne für die Rubrik „Quergeschrieben“. Moser kandidiert auf Platz drei der Bundesliste (wie im Großteil der Donnerstagsausgabe berichtet), sowohl er selbst als auch Kurz dementierten, dass er ein Angebot an die freiheitlichen Wähler sei. Doch Josef Moser kommt genau aus dieser Ecke: Der frühere Mitarbeiter der Finanzlandesdirektion Kärnten hat in Jörg Haiders Büro gearbeitet, danach war er jahrelang Klubdirektor des freiheitlichen Parlamentsklubs. In der Ära von Schwarz-Blau wechselte er dann in den Vorstand der ÖBB und schließlich an die Spitze des Rechnungshofs.

Moser hat sich in dieser Funktion zweifellos von der FPÖ gelöst, mehrere kritische Rechnungshofberichte zu freiheitlichen Ressorts zeigen das. Aufgefallen ist Moser auch mit zahlreichen Vorschlägen zur Verwaltungsreform – und die will er nun in seiner neuen Funktion weiter verfolgen. Es sei notwendig, das Land „zukunftsfit bzw. enkelfit“ zu machen. Österreich habe kein Einnahmen-, sondern ein Effizienzproblem, bemühte Moser ein Mantra aus seiner Zeit als Rechnungshof-Chef von 2004 bis 2016. Es sei sehr viel Potenzial da, das Geld der Steuerzahler effizienter einzusetzen und den Staat bürgernäher zu machen. Es gebe bereits genug Vorschläge, „Tun ist gefragt“. Die Frage, ob Moser Finanzminister werden soll, wollte Kurz nicht beantworten – zuerst seien die Wähler am Wort.

Kein Präsidentschaftskandidat

Schon im Vorjahr war Moser als Kandidat im Gespräch – da überlegte allerdings die FPÖ, ob sie den Juristen bei der Bundespräsidentenwahl aufstellen sollte. Moser lehnte ab – und hatte damals schon bei Kurz angedockt: Im Außenministerium werkte er als Projektleiter bei der Austrian Development Agency, der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.

War also der Wechsel Mosers auf die Liste Kurz absehbar, so kam das Engagement von Martin Engelberg doch überraschend. Eine „grundlegende Neuorientierung Österreichs sei notwendig“, begründet Engelberg auf Facebook, warum er das Angebot, auf Platz elf der Bundesliste zu kandidieren, angenommen hat. Sebastian Kurz sei ein Politiker, der „gewillt und imstande“ sei, große Veränderungen in unserem Land herbeizuführen. Er will für weniger Steuern, Einschränkungen und Bevormundungen durch den Staat eintreten sowie für eine engagierte Verteidigung der Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung der Geschlechter und Trennung von Staat beziehungsweise Politik und Religion.

Platz elf auf der Liste garantiert kein Mandat, die ÖVP hat bei der jüngsten Wahl acht Mandate über die Bundesliste bekommen. Allerdings könnte Engelberg auch über die Wiener Landesliste zum Zug kommen beziehungsweise wenn vor ihm gereihte Kandidaten auf der Bundesliste ihre Landesmandate annehmen. Politisch aufgefallen ist Engelberg, der mit Danielle Spera, der Direktorin des Jüdischen Museums, verheiratet ist, als er im Jahr 2012 Nachfolger von Ariel Muzicant als Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde werden wollte. Der Versuch scheiterte, Wahlsieger Oskar Deutsch warf Engelberg und dem früheren US-Botschafter Ronald Lauder vor, versucht zu haben, mittels Stimmenkaufs die Wahl zu beeinflussen. Engelberg dementierte entschieden, der Konflikt ist inzwischen beigelegt.

Auf Facebook erntete der neue ÖVP-Kandidat nicht nur Zustimmung aus der eigenen Community. Vor allem eine mögliche Koalition mit der FPÖ stößt auf Ablehnung. Vor fünf Jahren, im Wahlkampf in der Kultusgemeinde, hat sich Engelberg da klar positioniert: Im Fall einer schwarz-blauen Regierung werde er „auf Distanz gehen“, sagte er damals in einem Interview in der „Presse“.

Quereinsteigerin in Wien

Eine Quereinsteigerin hat die ÖVP auch in Wien anzubieten: Therese Niss, Vorsitzende der Jungen Industrie und Tochter des früheren IV-Präsidenten Peter Mitterbauer, bekommt einen Listenplatz.

AUF EINEN BLICK

Quereinsteiger. Sebastian Kurz führt die ÖVP-Bundesliste vor Generalsekretärin Elisabeth Köstinger an. Dahinter: Josef Moser (Rechnungshof), die Fernsehmoderatorin Gaby Schwarz, Ex-Grünen-Politiker Efgani Dönmez, Maria Großbauer (Opernball-Organisatorin), Rudolf Taschner (Uni-Professor), Tanja Graf (Unternehmerin), Karl Mahrer (Polizei) und Kira Grünberg (Ex-Sportlerin).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2017)

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