Leidenschaft, die sich überträgt

Porträt. Berechenbarkeit ist Brigitte Nagy wichtig. Auch wenn der Handel eine besonders dynamische Branche sei, sollen Mitarbeiter wissen, woran sie seien, sagt die denn's-Personalchefin.

Die abgedroschene und doch noch immer gültige Phrase „Handel ist Wandel“ nimmt Brigitte Nagy nicht in den Mund. Phrasen sind nicht ihre Sache. Und doch würde der Ausspruch verdeutlichen, was sie am Handel faszinierend findet. „Es ändert sich ständig etwas, die Branche ist ungemein dynamisch“, sagt die 36-jähre Wienerin. Und, sagt sie, wer im Handel arbeite, habe in jeder Hinsicht viel mit den Menschen zu tun.
Auch das reize sie. Mehr noch. Nach dem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien war sie zunächst neun Jahre im Vertrieb tätig gewesen, ehe sie nach der Babypause zu dennree Naturkost wechselte. Bei der Muttergesellschaft der bei Konsumenten besser unter denn's Biomärkte bekannten Kette stieg sie als Leiterin von Verwaltung und Personal ein.

Der Wechsel in die HR sei – Stichwort „mit Menschen zu tun haben“ – für sie so etwas wie der nächste logische Schritt gewesen, sagt Nagy. Mit ihrem vierköpfigen Team ist sie für rund 400 Mitarbeiter an 27 österreichischen Standorten plus der Zentrale in der Wiener Leopoldstadt verantwortlich.

Obwohl oder gerade weil der Handel ständigem Wandel unterworfen ist, sei es nicht einfach, gute Mitarbeiter zu finden. Obwohl oder gerade deswegen sagt Nagy: „Wir wollen Stellen langfristig besetzen.“ Mit Menschen, die gern im Handel arbeiten möchten.

Auch, wenn die Kette denn's Biomarkt heiße, sagt Nagy: „Wir setzen keine Bioaffinität voraus – Mitarbeiter sind meist spätestens nach einem halben Jahr Biofans.“ Denn es gebe laufend jede Menge an Produktschulungen, weil die Kunden viel mehr Fragen stellen würden als in anderen Lebensmittelmärkten und deutlich mehr Beratung von den Filialmitarbeitern erwarten. „Bei den Produktschulungen“, sagt Nagy, „überträgt sich die Leidenschaft der Produzenten und Lieferanten auf die Mitarbeiter, und sie verstehen sehr schnell, warum die Produkte wertvoll sind.“

Auch in Zeiten, in denen viele Einzelhändler vermehrt frische Lebensmittel online anbieten, ist Personal „auf der Fläche“, also in den Filialen, gesucht. Bei denn's hat das, wie auch bei einigen anderen großen Ketten, einerseits mit dem relativ raschen Wachstum zu tun. Denn's war 2005 nach Österreich gekommen und hatte 2008 die Kette Bio Maran übernommen. Andererseits hat es mit den deutlich ausgeweiteten Öffnungszeiten und der hohen Zahl an Teilzeitkräften zu tun.

Niemanden ausschließen

„Wir wollen und können niemanden ausschließen“, sagt Nagy. Als Mitarbeiter gesucht und gefragt sind nicht nur Lehrlinge, sondern auch Personen mit Lehrabschluss – welcher das ist, spielt für sie keine so große Rolle – sowie ältere Menschen. „Wir haben mit 17 Prozent einen sehr hohen Anteil an 50+-Mitarbeitern“, sagt Nagy. „Sie bringen viele gesuchte Eigenschaften mit: Sie sind fit, haben jede Menge Lebenserfahrung und Wissen und daher eine ganz andere Einstellung zu den Kunden.“ Umgekehrt habe sie keine Probleme, akademisch ausgebildeten Nachwuchs für die Jobs als Bezirksleiter zu finden.

Erfolg dank Selbstwerts

Damit die „Langfristigkeit“, keine Phrase bleibt, nennt Nagy einen wichtigen Faktor: Weiterbildung leiste einen wesentlichen Beitrag, und bei Führungs- wie Lehrlingstrainings spiele die Persönlichkeitsschulung eine wesentliche Rolle. Besonders Lehrlinge würden heute einen hohen Druck verspüren, sagt Nagy. Wie sehe ich aus, wie sehen mich die anderen, mit wem messe ich mich? Der Selbstwert sei oft Thema. Und diesen gelte es zu stärken. „Wenn man sich in der eigenen Haut wohlfühlt, dann kann man eher erfolgreich sein.“

Ein anderer Faktor, um Mitarbeiter langfristig zu binden, sei wertschätzende Führung. Sie verlange viel Offenheit und Vertrauen, sei weder selbstverständlich noch einfach. „An wertschätzender Führung“, sagt Nagy, „muss man jeden Tag arbeiten.“

In diesem Zusammenhang noch einmal zurück zur angesprochenen Dynamik (in) der Branche: Was Nagy ganz wichtig ist, das ist Berechenbarkeit. Auch wenn permanent Wandel angesagt sei, die Mitarbeiter sollen wissen, was passiere und was auf sie zukomme. „Es soll“, sagt sie, „keine Überraschungen geben.“

(Print-Ausgabe, 19.08.2017)

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