Riskantes Shopping im Darknet

Geschäftsmodell. Käufer wie Verkäufer stolpern über die Schnittstelle zum realen Leben.

Gefälschte Pässe? Auftragsmorde? Radioaktive Substanzen? All das und noch mehr bieten die verschwiegenen Shoppingplattformen des Darknets, der dunklen Seite des Internets. Mit Abstand am begehrtesten aber sind Drogen und Medikamente.

Letztere bestellte der Schweizer Otto Hostettler für seine Masterarbeit im Darknet, unter notarieller Aufsicht, versteht sich. Tage später lagen sie höchst originell verpackt in seinem Postkasten: Steroide in luftgepolsterten Umschlägen, Dopingmittel in spürhundfeindliche Bildschirmreinigungstücher gewickelt, Sedativa in Kindergeschenkpapier. So viel Kreativität hat ihren Preis. Dieser war bis zu 13-mal höher als der reguläre.

300.000 bis 500.000 US-Dollar werden täglich im Darknet umgesetzt, errechnete Hostettler. Ein feines Geschäftsmodell, denkt so mancher. Doch trotz vermeintlicher digitaler Sicherheit ist das Risiko erheblich. Im Juli schlossen internationale Ermittler in einer konzertierten Aktion erneut zwei der größten Plattformen, Alpha Bay und Hansa. Aus verständlichen Gründen erfuhr man nicht viel über die Hintergründe.

Ertappt im offenen Web

Mehr weiß man über die Schließung des Alpha-Bay-Vorgängers Silk Road. Auf die Spur kam man ihrem Gründer, dem damals 29-jährigen Ross Ulbricht, als der kanadische Zoll ein Paket mit neun Identitätsausweisen abfing. Alle zeigten Ulbrichts Konterfei, aber verschiedene Namen. Um ihn mit Silk Road in Verbindung zu bringen, gingen die Ermittler seinen Zigtausend Spuren im offenen Web nach – bis sie auf ein Posting stießen, in dem er auf seine neue Plattform im Darknet hinwies. Irgendwie musste er sie ja bekannt machen.

Über diese Schnittstelle zwischen offenem und dunklem Web stolpern Käufer wie Verkäufer immer wieder. Letztere wie Ulbricht meist aus werblichen Gründen. Viele vernachlässigen ihre Deckung, um gute Kundenbewertungen zu bekommen (sie zählen im Darknet genauso wie im herkömmlichen Internet). Drogendealer verkaufen oft auch auf der Straße und werden dort geschnappt. Die Ermittler jagen daher am liebsten in Buddyteams: einer ein klassischer Forensiker, der andere ein technikaffiner Darknet-Spezialist.

Auch die Käufer stolpern oft an der Grenze zum realen Leben, etwa, wenn sie auffallend viel echtes Geld in Bitcoins umtauschen (im Darknet wird mit Kryptowährung bezahlt). Oder ihre Plattform wird geschlossen, ihr Händler geschnappt und reißt sie mit. Die Strafen sind empfindlich: Ross Ulbricht bekam zweimal lebenslänglich.

(Print-Ausgabe, 19.08.2017)

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