Plattform Cobin Claims startet Sammelaktion für Wienwert-Investoren

Die Presse (Clemes Fabry)
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Der umstrittene Immobilienentwickler Wienwert ist im Visier der FMA. Anleihenkäufe können nach Ansicht des Vereins Cobin Claims wahrscheinlich rückgängig gemacht werden.

Privatinvestoren, die die im Mai 2017 begebene Anleihe des Immobilienentwicklers Wienwert gezeichnet haben, können nach Ansicht des Vereins Cobin Claims die Anleihekäufe wahrscheinlich wegen Irrtums rückgängig machen. Cobin bietet Anlegern an, sich an einer Sammelaktion zum Rücktritt von der Zeichnung der Anleihe zu beteiligen. Anfang Juli hat Cobin Claims (= COnsumer, Business, INvestors) bereits eine Sammelaktion für VW-Kunden gestartet, um deren Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abgasskandal abzusichern.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) wirft Wienwert, die derzeit mit einer 5 Mio. Euro schweren Anleihe Geld einsammelt, vor, ihre Finanzlage zu positiv und Risiken nicht ausreichend beschrieben zu haben. Außerdem impliziere der Firmenname zu Unrecht eine Nähe zur Stadt Wien. Das hat Wienwert wiederholt bestritten.

"Wir setzen zivilrechtlich fort, wo die FMA aufhört", sagte Rechtsanwalt Benedikt Wallner, der sich bei Cobin Claims speziell um die Causa Wienwert kümmert. "Die FMA ist eine Überwachungs- und Strafbehörde, aber sie bringt Ihnen Ihr Geld als Investor nicht zurück", sagte Wallner am Freitag bei einem Pressegespräch in Wien.

"Schon länger unter Beobachtung"

"Wir haben den Fall Wienwert schon länger unter Beobachtung gehabt und die Entwicklungen rund um dieses Unternehmen beobachtet, vor allem auch aus dem Blickwinkel der Investoren", sagte Oliver Jaindl, Vereinsobmann von Cobin Claims. Sowohl ökonomische als auch rechtliche Prüfungen hätten ergeben, "dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Rücktrittsrecht von der Zeichnung der Anleihe 2017 besteht". Der Verein wolle deshalb den Zeichnern der Anleihe ein Verfahren anbieten, um von der Zeichnung zurückzutreten.

Er empfehle den Rücktritt nicht, betonte Wallner, aber "ich möchte, dass sich jeder Investor fragt: 'Wie hätte ich entschieden, wenn ich gewusst hätte, was ich jetzt weiß?'"

Nach Ansicht von Cobin Claim wussten viele Anleihezeichner nicht, was sie tun, sie sollten daher von dem Risiko, die Anleihe weiter zu behalten, entbunden werden können. "Das Thema heute ist Irrtumsanfechtung", sagte Wallner. Es gebe bereits höchstgerichtliche Entscheidungen, wonach Anleihezeichner, die getäuscht wurden, das Geschäft wegen veranlassten Irrtums anfechten könnten. "Das führt zur Rückabwicklung samt Zinsen." Der Anspruch müsse binnen drei Jahren ab dem Erwerbstag eingeklagt werden, sonst wäre er verjährt, erklärte der Anwalt.

Problematisch ist laut Cobin-Claims-Vorstand und Gutachter Manfred Biegler unter anderem, dass die Anleihe emittierende Wienwert AG zwar auf dem Papier mit rund 5 Mio. Euro Eigenkapital ausgestattet sei, davon aber 3,12 Mio. Euro auf Markenrechte entfallen würden, die im Falle einer Insolvenz der Muttergesellschaft WW Holding AG praktisch wertlos wären. Nach vorläufigen Informationen aufgrund von Nachträgen zum Kapitalmarktprospekt der Anleihe liege das negative Eigenkapital der WW Holding AG bei 27,5 Mio. Euro - der endgültige Jahresabschluss der Holdinggesellschaft für 2016 sei bis heute nicht veröffentlicht worden.

Den meisten Investoren sei wohl auch nicht bekannt, dass das Anleihenkapital in Form von Gesellschafterdarlehen an Projektgesellschaften weitergegeben oder als Eigenkapitalausstattung an Untergesellschaften weitergegeben werde. Es werde mit den Anleihen also ein Gesellschafter-Risiko verbrieft, das aber nicht entsprechend verzinst werde.

Sammelaktion läuft bis Herbst

Die Sammelaktion von Cobin Claims (www.cobinclaims.at) soll bis in den Herbst hinein laufe, ein genaues Enddatum steht noch nicht fest. "Ziel ist, für die Leute, die sich mit der Anleihe nicht wohlfühlen, eine Rückabwicklung zu erreichen", sagte Jaindl. Dafür gebe es verschiedene gerichtliche und außergerichtliche Möglichkeiten und Eskalationsstufen. Die Beteiligung an der Sammelaktion soll die Anleger - vorerst - nichts kosten, anschließend werde, falls nötig, eine Prozessfinanzierung organisiert, sagt Cobin Claims.

Die Plattform Cobin Claims wurde im März dieses Jahres vom Gutachter Manfred Biegler, dem Journalisten Oliver Jaindl und Peter Kolba, dem früheren Chefjuristen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), gestartet. Kolba hat sich im Juni überraschend aus dem Projekt zurückgezogen.

(APA)

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