Spanische Terrorermittler haben Imam im Visier

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Es Satty könnte für die Radikalisierung der Terrorzelle in Nordspanien verantwortlich sein. Die Mutter ruft flüchtigen Sohn, den mutmaßlichen Fahrer zur Aufgabe auf.

Nach dem Terroranschlag von Barcelona konzentrieren sich die Ermittlungen Medienberichten zufolge auf einen Imam, bei dem es sich um den Kopf der verantwortlichen Terrorzelle handeln soll. Abdelbaki Es Satty predigte bis Juni in der Moschee der Ortschaft Ripoll und könnte für die Radikalisierung der Gruppe verantwortlich sein, wie eine Cousine des Hauptverdächtigen Younes Abouyaaqoub sagte.

"Das glauben die meisten. Das waren normale Burschen. Erst als er kam, haben sie angefangen, sich mit Religion zu beschäftigen", meinte sie. Es Satty verbüßte bis 2012 eine vierjährige Haftstrafe wegen Drogenhandels und soll Kontakte zu den Verantwortlichen der Zuganschläge 2004 in Madrid gehabt haben, wie die Zeitung "El Pais" berichtete. Ob der Geistliche überhaupt noch am Leben ist, ist aber unklar. Die Polizei entdeckte Medienberichten zufolge die sterblichen Überreste von drei Personen in den Trümmern des Hauses in Alcanar, wo sich am Mittwoch eine Explosion ereignet hatte. Die Beamten vermuten, dass die Gruppe dort Sprengstoff lagerte und ein noch größeres Attentat als das in Barcelona vorbereitete.

"Er soll zur Polizei gehen"

Demnach könnten der Hauptverdächtige Abouyaaqoub, der den Lieferwagen in Barcelona gesteuert haben soll, und der Imam Es Satty entweder bei der Explosion ums Leben gekommen oder noch auf der Flucht sein. Abouyaaqoubs Mutter appellierte an ihren Sohn, sich zu stellen. "Er soll zur Polizei gehen und sich stellen. Mir ist es lieber, er kommt ins Gefängnis, als dass er stirbt", sagte sie am Samstag bei einer Versammlung der muslimischen Bewohner von Ripoll.

Bei dem Anschlag auf der Flaniermeile La Rambla im Zentrum Barcelonas waren am Donnerstag mindestens 13 Menschen getötet worden. Wenige Stunden später starb zudem eine Frau in der südlich gelegenen Küstenstadt Cambrils, wo offenkundig ein weiterer Anschlag vereitelt wurde. Sie wurde von Verdächtigen auf der Flucht überfahren, die Polizei erschoss die Männer kurz darauf. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Attacken in Barcelona und Cambrils von einem Netzwerk von insgesamt rund einem Dutzend Verdächtigen verübt wurden. Fünf von ihnen wurden in Cambrils erschossen, vier festgenommen. Die Identität von drei weiteren ist geklärt, zu ihnen gehören Abouyaaqoub und Es Satty.

Mit Blick auf die sich häufenden Anschläge in Europas Metropolen forderte EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani mehr grenzüberschreitende Kooperation bei der Terrorabwehr. "Eine stärkere Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung, den Geheimdiensten und den Justizbehörden wird uns helfen, den Krieg gegen den Terror zu gewinnen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag).

54 Opfer noch im Krankenhaus

Inzwischen liegen noch 54 Terroropfer verletzt im Krankenhaus, wie die katalanischen Notfalldienste mitteilten. Zwölf Patienten seien in kritischem Zustand, 25 weitere schwer verletzt - darunter viele Ausländer. Zwei Deutsche befinden sich in Lebensgefahr. Laut Außenministerium gibt es derzeit keine Hinweise auf Österreichern unter den Todesopfern, eine Frau aus Österreich wurde leicht verletzt.

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte die Angriffe in Spanien für sich. Mehrere Glaubenskämpfer hätten sie ausgeführt und "Kreuzfahrer" ins Visier genommen, teilte der IS in einer Erklärung am Samstag im Internet mit. Die Echtheit der Erklärung ließ sich zunächst nicht verifizieren. Sie wurde aber über die üblichen Kanäle des IS im Internet verbreitet.

Der spanische König Felipe VI. und seine Frau Letizia legten am Samstagabend am Ort des Terroranschlags von Barcelona Blumen nieder. "Wir haben keine Angst und werden niemals Angst haben", sagte der Monarch. Rund 200 Muslime marschierten unter dem Motto "Wir sind Muslime, keine Terroristen" über die Rambla.

(APA/DPA)

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