Um die illegale Auslandsfinanzierung von religiösen Vereinen zu unterbinden, soll das zuständige Kultusamt mehr Personal bekommen. Auch Gesetzesänderungen sind möglich.
Wien. Dass Wahlkampf ist, haben SPÖ und ÖVP natürlich nicht vergessen. Das merkt man an den spitzen Bemerkungen über den jeweiligen Koalitionspartner. Manche mehr, manche weniger subtil. Aber immerhin: Am Dienstag kamen die beiden Regierungsparteien nach Langem wieder zu einem Ministerrat zusammen. Und einigten sich auf zwei Maßnahmen: einerseits auf die gestaffelte Erhöhung der Pensionen (siehe unten), andererseits auf eine Aufstockung des Personals für das Kultusamt um zehn Planposten.
Zusätzlich erklärten sich beide Parteien bereit, das Islamgesetz nachzuschärfen. Allerdings: Das sei vor der Nationalratswahl am 15. Oktober nicht mehr machbar, heißt es aus beiden Parteien.
Wie kam es zu der raschen Einigung? Am Anfang stand dann doch ein Konflikt zwischen SPÖ und Volkspartei: ÖVP-Chef und Integrationsminister Sebastian Kurz hatte dem Kultusamt vorgeworfen, das Islamgesetz nicht streng genug zu vollziehen. Kontrollen würden nicht weit genug reichen. Der Hintergrund: Vor zwei Jahren trat das neue Gesetz in Kraft. Seitdem ist es unter anderem verboten, islamische Vereine in Österreich aus dem Ausland zu finanzieren. Für diese Überprüfung ist eben das Kultusamt zuständig.
„Einige Verdachtsfälle erhärtet“
Die eigentliche Adressatin von Kurz' Kritik war aber Muna Duzdar (SPÖ): Als Staatssekretärin im Bundeskanzleramt ist ihr das Amt unterstellt. Bei der Regierungssitzung am Dienstag legte sie daher einen Zwischenbericht vor: Seit vergangenem Februar hat die Behörde insgesamt 150 islamische Organisationen auf eine Auslandsfinanzierung überprüft. „Einige Verdachtsfälle haben sich dabei erhärtet“, heißt es aus dem Kanzleramt. Um wie viele Vereine es sich handelt, will man nicht öffentlich machen. „Das ist vertraulich.“ Man wolle die Untersuchungen nicht gefährden.
Abgesehen von der Auslandsfinanzierung islamischer Vereine sind in den vergangenen Tagen auch andere Problemfälle in Wien und Linz bekannt geworden: Der Wiener Stadtschulrat erstattete am Montag Anzeige gegen eine Schule in Liesing, die keine Genehmigung hat. Im Falle Oberösterreichs ist noch unklar, ob die Schule nur religiöse Lehrgänge anbietet oder doch eine Imam-Ausbildung. Bis Donnerstag soll der Landesschulrat überprüfen, ob der Verdacht einer nicht angemeldeten Führung einer Privatschule vorliegt.
Die Einhaltung des Islamgesetzes zu überprüfen sei aber gar nicht so einfach, meinte Duzdar am Dienstag. Die Behörde bräuchte mehr Möglichkeiten, um die Geldflüsse zu den Vereinen kontrollieren zu können. Derzeit sei man zu sehr auf freiwillige Kooperation angewiesen. Externe Wirtschaftsprüfer sollen daher Einsicht in Konten erhalten. Dafür bräuchte es Änderungen im Islamgesetz.
Die ÖVP, am Dienstag in Person von Vizekanzler Wolfgang Brandstetter, hat grundsätzlich nichts dagegen. „Da ist was schiefgegangen“, sagte er, nachdem ihm der Bericht vorgelegt worden war. Nachsatz: „Ich frage mich nur, warum man das erst jetzt in dieser Deutlichkeit erkennt.“ Konto-Öffnungen seien grundsätzlich denkbar, allerdings nur als letztes Mittel.
Nationaler Sicherheitsrat tagt
Das war es dann allerdings auch wieder mit der Einigkeit in der Regierung. Nach dem Ministerrat stellte sich Kanzler Christian Kern allein vor die Medien. Die ÖVP verzichtete auf einen gemeinsamen Auftritt, nachdem der Kanzler das sogenannte Pressefoyer vor Monaten abgeschafft hatte.
Die ÖVP nutzte die Bühne allerdings trotzdem, und zwar um für ihr Sicherheitspaket zu werben. Die Partei beantragte auch die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates, um darüber zu sprechen – also des vertraulichen Beratungsgremiums der Regierung in Sicherheitsfragen. Kanzler Kern kommentierte dies trocken („Ich habe das zur Kenntnis zu nehmen.“). Für SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder ist dies „Wahlkampfzinnober“. Wie gesagt: Dass Wahlkampf ist, haben SPÖ und ÖVP natürlich nicht vergessen. (ib)
AUF EINEN BLICK
Kultusamt. Die Regierung einigte sich am Dienstag auf Nachschärfungen beim Islamgesetz. Eine mögliche Auslandsfinanzierung von religiösen Vereinen soll so besser kontrolliert und unterbunden werden können. Das beim Kanzleramt angesiedelte Kultusamt ist derzeit mit der Prüfung beschäftigt – in Zukunft sollen sich zehn zusätzliche Mitarbeiter damit befassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2017)