Frankreichs Präsident Macron und Bundeskanzler Kern wollen am Rande der Festspiele über die Entsenderichtlinie sprechen, die osteuropäischen Gäste über eine Anhebung der Löhne in ihren Ländern.
Salzburg. Emmanuel Macron kann in Salzburg wenig verlieren. Wenn der französische Präsident am Mittwoch mit den Regierungschefs von Österreich, der Slowakei und Tschechiens am Rande der Festspiele zusammentrifft, ist sogar die Symbolik auf seiner Seite: Seine Gesprächspartner haben sich im sogenannten Austerlitz-Format zusammengeschlossen. Austerlitz freilich erinnert weniger an den ersten Austragungsort dieser Treffen als an die Drei-Kaiser-Schlacht, bei der Napoleon seine Widersacher aus Österreich und Russland besiegte.
Diesmal sind es freilich nur zivile Anliegen, die der französische Staatschef verfolgt. Er möchte ebenso wie Bundeskanzler Christian Kern über die Gefahr des Lohndumpings in Europa diskutieren. Sowohl Frankreich als auch Österreich treten für eine Reform der EU-Entsenderichtlinie ein, die Unternehmern erlaubt, ihre Mitarbeiter zeitlich begrenzt mit ihren oft niedrigeren Löhnen in einem anderen Mitgliedsland arbeiten zu lassen. Die bisherigen Vorschläge der EU-Kommission gehen den beiden Politikern zu wenig weit.
Direkt betroffen sind die osteuropäischen Staaten. Denn viele ihrer Unternehmer versuchen, ihr geringeres Lohnniveau dafür zu nutzen, im Westen an Aufträge zu gelangen. Sie konkurrieren mit Firmen, die allein wegen ihrer Gehaltsstruktur nicht mithalten können. Dem tschechischen Ministerpräsidenten, Bohuslav Sobotka, und seinem slowakischen Amtskollegen, Robert Fico, ist die Situation zwar bewusst. Sie wollen, wie sie in vorbereitenden Gesprächen angekündigt haben, aber im Gegenzug dafür eintreten, dass Firmen aus Österreich und Frankreich in ihren Gastländern den Arbeitnehmern künftig höhere Löhne bezahlen. Nur so könne nämlich die Angleichung des Gehaltsniveaus zwischen Ost und West beschleunigt werden, argumentiert Sobotka.
Spalt in der Visegrád-Gruppe?
Das Treffen hat noch eine weitere Brisanz: Die Einbindung von Macron in das Gespräch mit den Osteuropäern könnte dazu beitragen, die brüchige Allianz der Visegrád-Länder, die sich in der Flüchtlingsfrage geschlossen gegen eine europäische Solidarität ausgesprochen hatten, weiter aufzuweichen. Sowohl Fico als auch Sobotka wollen sich die Option einer engen Zusammenarbeit mit Ländern wie Deutschland und Frankreich offenhalten, während Ungarn und Polen an einem isolationistischen Kurs festhalten. Fico stellte dazu klar: „Ich bin sehr an der regionalen Kooperation innerhalb der Visegrád-Gruppe interessiert, aber das lebenswichtige Interesse der Slowakei ist die EU.“ (ag./wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2017)